Währenddessen überschlagen sich Politiker mit Aufwandberechnungen und Effektivitätsvergleichen und rechtfertigen den Einsatz einer der wohl dümmsten Erfindung aller Zeiten.
Marburg. Fahren Sie nach Marburg. Die hübsche Universitätsstadt im deutschen Mittelhessen hat 2007 sämtliche Laubbläser komplett abgeschafft. Eine seither dramatische Zunahme von Unfällen infolge Ausrutschens auf feuchtem Laub oder von Auffahrkollisionen auf laubbedeckten Strassen im Herbst ist nicht bekannt. Die Sicherheit der Bevölkerung ist aber eines der Hauptargumente von Politikern und Beamten, wenn Sie zu begründen versuchen, warum Laubbläser heute unabdingbar sind. Denn damit könne das gefährliche Laub bedeutend effizienter von Trottoirs und in Parkanlagen weggeräumt werden. Auf den Strassen sei zudem Laub gefährlicher als Eis.
Gemäss Nachhaltigkeitsmonitoring der Stadt Zürich leben rund 3 % der Bevölkerung an Strassen, an denen der Lärm-Alarmwert (70 dB am Tag) überschritten wird. Laut einer Information des Bundesamtes für Umwelt BAFU erreichen benzinbetriebene Laubbläser einen Schallleistungspegel von 115 dB. Ein Schalldruckpegel am Ohr von 100 dB sei nicht unüblich und wird durch die SUVA als gefährlich eingestuft. Spielt aber alles keine Rolle. Denn hier greift das zweite Argument der Politiker: Ohne Laubbläser würde der Personalaufwand aus dem Ruder laufen. Laubbläser seien bedeutend effizienter als Rechen und günstiger als Menschen. Benzinbetriebene (Laubbläser) kosten rund 1500 Franken pro Stück, Batteriebetriebene und bedeutend leisere (sie tönen wie ein hysterisch gewordener Föhn) kosten das Doppelte. Seit letztem Herbst testen kommunale Laubblas-Fachleute in Bern, Basel und Zürich die batteriebetriebenen Geräte. Natürlich nicht koordiniert, sondern jede Gemeinde schön für sich. Föderalismus geht schliesslich über alles.
Wer sich mit dem Thema ein wenig auseinandersetzt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. In Bern beispielsweise wird der Einsatz von Laubbläsern mit der Begründung gerechtfertigt, die hohe Biodiversität zu erhalten. Die Leute sollen im Frühling Schmetterlinge sehen können. Und das bedinge Blumen und Pflanzen. Unter dem Laub überlebten diese Pflanzen aber nicht.
Die Aargauer Zeitung hat vor Jahresfrist sogar einen Test durchgeführt, auf dem Schulhof des Pestalozzi-Schulhauses in Aarau: Laubbläser vs. Rechen. Fazit: Der Laubbläser war 30 % schneller. Dafür war mit dem Rechen das Kies wieder schön geordnet.
Bis zu 10 kg wiegen die heute hauptsächlich eingesetzten benzinbetriebenen „Krawalltüten“ und ruinieren die Rücken der Arbeiter. Derweil regen sich überall lärmgeplagte Bürger über den Krach auf und bekunden mit Blick in die herbstlich verfärbten Laubbäume Mühe, das sinnlose Gebläse und Gesauge zu verstehen. Es braucht wohl eine landesweite Initiative und entsprechende Abstimmung, um diesen Unsinn zu stoppen. Denn unsere Politiker werden ansonsten weiter irgendwelche Nonsense-Begründungen finden, um ein Gerät zu rechtfertigen, das einfach nur überflüssig ist.