Ganz richtig hat der „Tagesanzeiger“-Redaktor Jürg Rohrer gespottet: Die Gegner des Erweiterungsprojekt für das Kunsthaus, ganz Linke und ganz Rechte, füllten nicht nur ein Lotterbett, sondern einen Lotterbett-Schlafsaal. Zugegeben: Die Stadtpräsidentin Corin Mauch hätte die Diskretionswünsche der Vertragspartner - Stiftung Bührle und Kunstgesellschaft Zürich - zur Übernahme der Sammlung Bührle ins Kunsthaus selber auflockern sollen. Jetzt kommen „Geheimverträge“ und Geldbeschaffung halt portionsweise in die Zeitungen.
Wohin soll die Sammlung denn später wegziehen?
Aber das Hauptargument der Projektgegner, die Sammlung Bührle könne nach rund 20 Jahren kurzerhand wieder abgezügelt werden, stach nie. Auch die Gegner hätten im Handelsregister längst eine Kopie der Bührle-Stiftungsurkunde (1960) beziehen können. Darin ist verbrieft: Die Werke der Sammlung müssen „der Stadt Zürich als Ganzes erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“.
Wohin sollte die kündbar deponierte – eben nicht geschenkte – Sammlung mit ihren 150 Bildern von Weltrang denn wegziehen? Vom bestechend eleganten Chipperfield-Gehäuse am aufgewerteten Heimplatz zurück ins Vergessen am östlichen Stadtrand?
Alle grossen Kunsthäuser sind etappenweise gewachsen
Mit dem Erweiterungsbau werde das Kunsthaus „unglücklich zerstückelt“. Der Vorstand der Zürcher Künstlersektion Visarte lehnt mit diesem Argument den Erweiterungsbau mehrheitlich ab. Sparapostel der SVP sagen, ein Kunsthaus genüge; zwei seien eins zu viel. Aber wir wissen längst: Alle grossen Kunsthäuser der westlichen Welt sind in verschiedenen Bauphasen gewachsen, und zwar dank gezielten Erweiterungen. Auch in Zürich wird das so sein: ein Kunsthaus aus einer Hand – ein weit ausstrahlendes Zentrum visueller Kultur.
Unbegründeter Neid
Missverhältnis zur Lage der Zürcher Kunstschaffenden? Sie sind in der Stadt Zürich vergleichsweise gut bedacht – mit 63 ganz oder stark subventionierten Ateliers, mit Stipendien, mit Ankäufen, mit dem Helmhaus, das jetzt gerade die Gegenwartsausstellung „X-Malerei in Zürich“ zeigt.
Neid wirkt hier nachgerade peinlich. Abgesehen vom Ausbildungs-Mehrwert, den das erweiterte Kunsthaus allen Schülern weit herum und erst recht kommenden Künstlergenerationen offeriert. Wer abwägt, wird zustimmen.
Dieser Text erschien zuerst als Leserbrief im „Tagesanzeiger“ vom 15.11.2012. Journal21 publiziert ihn hier mit Genehmigung des Autors. Die Abstimmung findet am 25.11.2012 statt.