Seine Kampagne gegen die SRG-Medien ist folgerichtig, denn unabhängige Information stört seine Partei, die SVP, in ihrem populistischen Stimmenfang.
Bundesrat Rösti hat vorgeschlagen, die Gebühren der SRG von 335 auf 300 Franken auf dem Verordnungsweg herabzusetzen. Angeblich, um der Volksinitiative der SVP den Wind aus den Segeln zu nehmen. Diese will die SRG ins Mark treffen, indem sie verlangt, die Gebühren auf 200 Franken zu reduzieren. Dieser Schachzug überrascht nicht, denn als Parteipräsident und Nationalrat gehörte Rösti zu den Unterzeichnern dieses Projekts zur Zerstörung des öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehens. Weltweit haben Populisten das Ziel, gebührenfinanzierte und unabhängige Radio- und Fernsehunternehmen zu schwächen – mit wachsendem Erfolg.
Unabhängige Medien sind manchmal unbequem
Besorgniserregend und traurig ist jedoch, dass die Mehrheit unserer Regierung dem Lockruf des Umwelt- und Medienministers gefolgt ist und den Kürzung der SRG-Gebühren ohne weiteres zugestimmt hat. Einen derart orientierungslosen und schwachen Bundesrat hat es in der Nachkriegszeit noch nie gegeben.
Medien haben als 4. Gewalt die Aufgabe, Behörden und Politikern auf die Finger zu schauen; sie haben widersprüchliche Entscheide, Fehlverhalten und Interessenkonflikte aufzudecken. Sie können deshalb auch für Regierungen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene unbequem sein. Zwar wird in offiziellen Reden immer wieder die Notwenigkeit einer freien Presse für die Demokratie beschworen. Im Alltag kann dieser wichtige Grundsatz anders bewertet werden. Offenbar hat auch die Mehrheit des Bundesrates Mühe mit Kritik an ihren Entscheiden und jenen der Bundesverwaltung ganz allgemein. Nur so ist zu verstehen, dass im Bundesrat die Kürzung der Mittel für die SRG unterstützt wurde.
Auch die Print-Presse profitiert von einer starken SRG
Sonderbar ist zudem, dass die Journalisten nicht geeinter gegen die Schwächung der SRG und deren Radio- und Fernsehprogramme protestieren. Einsparungen und Entlassungen in den Zeitungsredaktionen wiederholen sich, für die verbleibenden Redaktorinnen und Redaktoren bleibt weniger Zeit und Raum für aufwendige Recherchen. Für die Programme der SRG haben die Mitarbeitenden noch mehr Möglichkeiten, Hintergründe zu klären und Unstimmigkeiten aufzudecken. Solche Recherchen können für Zeitungsjournalisten Ausgangspunkt sein für weitere Nachforschungen. Eine unabhängige SRG bietet auch der Presse die Möglichkeit, Zusammenhänge aufzudecken. Die Zeitungen profitieren von einer wachen SRG.
Die Werbeeinnahmen bei den Zeitungsverlagen sind eingebrochen, so kam und kommt es zu Sparmassnahen und den vielen Entlassungen. Die vielen Kleininserate von Angeboten für Wohnungen, Stellen und Occasionsautos sind aus den Zeitungen verschwunden; doch einzelne Verlage haben zu diesem Zweck Internetportale geschaffen und verdienen damit eine Stange Geld. Sie weigern sich jedoch, mit einem Teil der Gewinne die Zeitungen für die verlorenen Kleininserate zu entschädigen. Sie haben deshalb zusätzliche Unternehmen gegründet und betonen, eine Querfinanzierung komme nicht in Frage.
Keine Eile beim Klimaschutz
Umweltminister Rösti mag den Klimaschutz nicht. Das entsprechende Bundesgesetz wurde vor einem Jahr von den Schweizer Stimmberechtigten angenommen. Es setzt ein wichtiges Ziel: Die Schweiz muss bis im Jahr 2050 klimaneutral sein. Das Gesetz hätte zu Beginn des laufenden Jahres in Kraft treten können, aber noch hat Bundesrat Rösti den Termin nicht festgelegt.
Das Gesetz sieht zudem eine Vorbildfunktion der Bundesverwaltung vor. In Artikel 10 heisst es, dass die Bundesverwaltung bis 2040 mindestens Netto-Null-Emissionen aufweisen muss. Die Kantone haben eine abgeschwächte Vorbildfunktion. Obwohl die Zeit drängt, hat Bundesrat Rösti die entsprechende Verordnung noch nicht ausgearbeitet, die schliesslich vom Bundesrat in Kraft gesetzt werden muss. Es regte sich plötzlich Widerstand, vor allem aus dem Finanzdepartement der Sparministerin Keller-Sutter, dem Verteidigungsdepartement und aus dem Wirtschaftsdepartement. Es ist etwas sonderbar, dass gegen die Zielsetzungen des Gesetzes, dem von Bundesrat, dem Parlament und vom Volk zugestimmt worden war, nachträglich Widerstand aus mehreren Bereichen der Bundesverwaltung aufkommt. Das scheint den Umweltminister aber nicht zu stören.
Das passt auch zu seiner Haltung gegenüber dem Walliser SVP-Staatsrat, der die vor vielen Jahren vom Volk gewollte Rhone-Korrektion Anfang dieses Sommers sistiert hat, um sie infolge der Widerstände aus der Landwirtschaft abzuändern. Nach schweren Regengüssen und Überschwemmungen im Wallis, die u. a. die Industrieareale von Siders und Chippis von zwei grossen internationalen Unternehmen der Aluminiumindustrie überfluteten, übte Bundesrat Rösti in einem Tagesgespräch von Radio SRF keinerlei Kritik an seinem Parteikollegen.
Er überging die schleppende und verspätete Korrektion der Rhone, obschon die Überflutung Fabriken mit über tausend Arbeitsplätzen für eine noch unbestimmte Zeit lahmlegte. Zudem wird das grosse und kostspielige Werk zu einem guten Teil vom Bund finanziert und Röstis Departement hat die Pflicht, die korrekte Ausführung zu überwachen. Die Verzögerungen beklagt haben hingegen die Unternehmensleitungen, der Gemeindepräsident von Siders und weitere Walliser Politiker.
Entschlossen für Autobahnausbau
Mit grossem Eifer fördert der ehemalige Präsident von Swissoil, dem Dachverband der Brennstoffhändler, sowie der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure «Auto Schweiz», den Ausbau der Autobahnen N1 Zürich–Bern und Lausanne–Genf auf mindestens sechs Spuren. Er wurde von der bürgerlichen Mehrheit von National- und Ständerat beschlossen. Obschon die CO2-Emissionen des Strassenverkehrs – im Unterschied zu jenen der Heizungen – nicht abnehmen, wird Platz für zusätzlichen Verkehr geschaffen mit einem erhöhten CO2-Ausstoss, der eigentlich stark reduziert werden sollte.
Zudem werden gegen den Willen vieler Bauern grosse Flächen Landwirtschaftsland zubetoniert. So entsteht der Eindruck, dass der Bock zum Gärtner gemacht wurde, als der Bundesrat dem ehemalige Auto-Lobbyisten und SVP-Präsidenten sein Wunschdepartement für Umwelt, Verkehr und Medien überliess. Inzwischen ist Albert Rösti neben der Finanzministerin Karin Keller-Sutter zur starken und tonangebenden Figur im Bundesrat geworden.
Wie lange wird es dauern, bis die Öffentlichkeit, die Bundesräte und bürgerliche Politiker dem «gmögigen», diskussionsbereiten Albert Rösti weiter nachsehen, dass er sein mächtiges Verkehrs-, Umwelt- und Mediendepartement auf strammen SVP-Kurs getrimmt hat?