KollegInnen der Printmedien haben die „Content-Provider“ der Online-Redaktionen abschätzig als „Kindersoldaten“ abgestempelt: Unerfahren, schlecht besoldet, schnell verbraucht, leicht ersetzbar. Jetzt wagt ein „Kindersoldat“ zurückzuschiessen. Daniel Arnet, Redaktor von Newsnetz (Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers) nimmt drei neue Lifestyle-Magazine ins Visier, die als Beilagen der „Sonntags Zeitung“, des „Magazins“ und der „NZZ“ das Leserpublikum für Luxus begeistern sollen.
Immerhin: Zwei der anvisierten Zeitungen gehören - wie Newsnetz - zu Tamedia. Und Tamedia ist nach der Uebernahme von Edipress das grösste Medienimperium der Schweiz, das nun auch genauer unter die Lupe genommen werden müsste. Und alle drei Beilagen sind Produkte von Qualitätsmedien, die immer wieder betonen, wie sehr sie sich von der leichtfüssigen Kost der Online-Redaktionen unterscheiden.
Für den modebewussten und finanziell gut gepolsterten NZZ Leser erscheint jetzt zweimal pro Jahr der „Gentlemen´s Report“. Arnet meint, das Versprechen „Stil, Substanz &Know-How“, wie das Magazin „grossmäulig“ in der Unterzeile verkünde, vermöge der Herausgeber nicht ganz einzulösen. „gr“, so kürzt sich der „Gentlemen´s Report ab, könnte besser produziert sein.
Die Macher der Beilage des Magazins „Magazin et ceterea“ wollen Lebensstile „aus einer journalistischen und nicht rein konsumistischen Sicht präsentieren“. Arnet fragt: „Intellekt und Kaufrausch – bringt man das zusammen ?“ Dem Newsnetz Kritiker fällt auf, wie im Inneren der Beilage immer wieder optische Reize (barbusige Modelle) und grossformatige Bilder von knutschenden englischen Teenagern dominieren.
Die Luxus-Beilage der Sonntags-Zeitung provoziert schon mit dem Titel „Finest“(das Beste). Aber „Finest“, so versucht auch hier das Editorial die Kritik vorwegzunehmen, „ist nicht ein weiteres Luxusmagazin, bei dem es darum geht, extravagante Dinge zu zeigen, die sich ein Normalsterblicher nicht leisten kann“. Der Newsnetz – Redaktor kann genüsslich darauf hinweisen, wie gleich als Erstes den Lesern die Milliardärsgattin Kirsty Bertarelli tanzend auf teuren englischen Möbeln vorgeführt werde. Wie Sängerin als Modell für teure Kleider zu dienen habe. Immerhin erhalte die Leserin auch einen Blick in ihre Tasche, aus der sie eine Packung Fisherman`s Friend hervorgekramt habe. Und Arnet meint: „Die Normalsterbliche kann ja an diesen Bonbons lutschen und sich ein bisschen wie eine Milliardärsgattin fühlen.“
Der Titel der Online-Story „Bonbons der Milliardäre lutschen“ trifft ins Schwarze. Die Luxus-Beilagen sind Plattformen für teure Werbung. Und diese Werbung diktiert den Inhalt der Beilagen. Entscheidend ist aber, wie sich der „Normalsterbliche“ fühlt, an die sich die Medien auch noch wenden sollten. „Schade um das schöne Papier“, schreibt eine Leserin von Newsnetz. „Die unnützen Beilagen landen ungelesen im Altpapier.“
P.S. Weil der Beitrag von Daniel Arnet auf dem Web-Seismograph von Newsnetz keine Spitzenresultate (Klicks) verzeichnete, ist er rasch „nach hinten“ gerutscht. Der Text ist jetzt im Ressort „Kultur“ zu finden.