In den ersten 1980er Jahren war ihr Generalsekretär Uri Ariel, der in der jetzigen Regierung Benjamin Netanjahus das Wohnungsbau- und Bauministerium leitet.
Seit 1989 folgte der inzwischen 59-jährige Ze’ev Hever – bekannt unter dem Spitznamen „Zambish“ – Uri Ariel nach. 1984 gehörte Hever zum „jüdischen Untergrund“ und wurde in Israel wegen der Beteiligung an Terroranschlägen gegen Palästinenser zu elf Monaten Haft verurteilt. Gute Beziehungen wurden ihm zu den einstigen Ministerpräsidenten Yitzhak Shamir und Ariel Sharon nachgesagt, während er heute ein enges Verhältnis zum Minister für Kommunikation und Heimatfront-Sicherheit Gilad Erdan unterhält. Hever wohnt in einem Außenlager („outpost“) namens Givat Ha’avot („Hügel der Stammväter Abraham, Isaak und Jakob“) in der Nähe Hebrons, das ohne offizielle Genehmigung teilweise auf privatem palästinensischem Grund und Boden errichtet wurde.
In einem Grundsatzbeitrag berichtete am 24. Mai 2013 Chaim Levinson, der in der Tageszeitung „Haaretz“ für Rechtsfragen zuständig ist, über Nachlässigkeiten und Schlampereien israelischer Behörden und Gerichte bei der Verfolgung von Straftaten, die Siedlern bei der Requirierung von palästinensischen Böden und bei der Erweiterung ihrer Wohnorte anzulasten sind. Als ihr Vorkämpfer gilt jener Ze’ev Hever, der die Öffentlichkeit scheut, keine Interviews gibt und sich nie zu Berichten über ihn und seine Arbeit äußert. Nach den Recherchen Levinsons geht „Zambish“ äußerst pragmatisch vor und lässt es im Gegensatz zur „Siedlerjugend“ auf keinen gewaltsamen Konflikt mit den israelischen Sicherheitskräften ankommen.
„Amanas“ Einfluss
„Amana“ ist nicht als Eigentümer von Bodenflächen registriert, sondern bedient sich ihres Subunternehmens „Binjanei Bar Amana (Bauten von Amana)“. Auch der Staat greift bei verschiedenen Projekten auf „Amana“ zurück – im Gegensatz zu „normalen“ Baufirmen, die wegen zu schmaler Gewinnmargen vor Aufträgen zurückschrecken oder mögliche Eingriffe seitens der für die Westbank verantwortlichen Zivilverwaltung fürchten.
„Amana“ scheut sich nicht, die Karten auf den Tisch zu legen. Niemand kann mithin behaupten, im Falle des eigenen Interesses über das Tun dieser korporativen Einrichtung nicht informiert zu sein. Dennoch sind Anfragen und Beschwerden von Organisationen wie „Peace Now“ oder der im Libanon-Krieg 1982 etablierten Gruppe „Yesh Gvul (Es gibt eine Grenze)“ von den zuständigen Behörden regelmäßig mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Beweislage reiche nicht aus oder die Eingaben entbehrten der Substanz. Eine dem Bericht Levinsons beigegebene Graphik weist in 37 Siedlungen und „outposts“ 592 illegale Wohneinheiten sowie weitere 772 vorgefertigte Wohneinheiten aus.
Gut gefüllte Kassen
Nach eigener Aussage hat „Amana“ 500 Wohneinheiten allein im Jahr 2012 errichtet, Kredite für weitere 200 Einheiten stünden zur Verfügung. Ihr jährliches Haushaltsvolumen soll rund 100 Millionen Neue Shekel (etwa 21,3 Millionen Euro) betragen. Ein eigenes Banksystem mit Namen „Yachad (Gemeinsam)“ bietet willigen Siedlern Darlehen in Höhe von bis zu 85.000 Neuen Shekel (rund 18.000 Euro) bei der Erweiterung ihrer Wohnanlage an. Jeder Siedler zahlt pro Monat zwischen 30 und 43 Neue Shekel ein, so dass die Organisation mit einer regelmäßigen Einnahme von 5 Millionen NIS rechnen kann, die in Siedlungsaktivitäten zurückfließen. Außerdem ist „Amana“ aufgrund eines kunstvollen Systems von Steuerabgaben befreit. Die Zuwendung von jährlich 16 Millionen Neuen Shekel an den Dachverband des Siedlerrats sichert „Amana“ ein Mitbestimmungsrecht, auch wenn manche Siedlungen eigene Wege gehen, weil sie „Zambishs“ zu starken Einfluss fürchten.
Allein bei der Auflösung des Außenlagers Migron Anfang September 2012 soll es ihm gelungen sein, dem Verteidigungsministerium die Kosten von 500.000 NIS aufzubürden. Da der Einfluss der Behörden bei der Registrierung von Böden an der Grenze zur Westbank endet, wird die Zionistische Weltorganisation eingeschaltet, die Kredite für die Bebauung von Bodenflächen unter dem Vorwand vergibt, dass diese in Israel liegen.
„König Zambish“
Hevers Verbindungen in das politische Establishment und die juristische Szene hinein seien die Quelle seiner Stärke, schreibt Levinson. Wie kein anderer Repräsentant der Siedler verfüge er über gute Kontakte zum israelischen Regierungsapparat, zur Knesset, zur Zivilverwaltung – deren Spitzen aus Offizieren besteht –, zur Bürokratie und zur Polizei, die ihn allesamt mit Samthandschuhen anfassen. Auch sei es „Zambish“ gelungen, durch geschicktes und erfinderisches Verhandeln Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs und der Zivilverwaltung zu unterlaufen oder ihre Umsetzung auf die lange Bank zu schieben, bis die politischen Umstände für die förmliche Anerkennung von Projekten sorgten.
Seit ihrer Berufung als Justizministerin hat sich Tsipi Livni zweimal mit Hever und zwei anderen Vertretern des Siedlerrates getroffen. Auf Anfrage Levinsons hat Livnis Sprecher diese Begegnungen bestätigt. Dabei sei es lediglich um das Phänomen gegangen, dass Siedler mehrfach Palästinenser angriffen, um sich an ihnen für die Auflösung eines Außenlagers zu rächen („prize tag“). Auch Livnis Gesprächspartner hätten ein solches Vorgehen als Gefahr für die Demokratie kritisiert. „Die Justizministerin wird sich mit jedem treffen, um die ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen“, beschließt ihr Sprecher lapidar seine Antwort.