Was drauf steht, steht jedoch in keiner Weise drin. Deshalb leuchtet der Club Helvétique mit der folgenden Stellungnahme hinter die Fassade und gräbt auch tiefer, um aufzuzeigen, um welche fundamentalen Werte unserer Gesellschaft und Grundsätze unserer Demokratie es geht.
Verletzung der goldenen Regel
Alle wollen wir unsere Freiheit haben. Es gilt jedoch zu sehen, dass jede Freiheit ihre Grenzen in der Freiheit haben muss, die andere ebenfalls für sich beanspruchen. Die Freiheit nur für sich in Anspruch zu nehmen, wozu Politiker in unseren Tagen glauben berechtigt zu sein, kann nicht der richtige Weg sein.
«Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg auch keinem andern zu». Die nur so genannte Durchsetzungsinitiative, will die Ausweisung von Ausländern in Tat und Wahrheit verschärfen. Sie verletzt vorab diese goldene Regel. Wer von den Initianten möchte aus nichtigem Anlass, wie es die Initiative gegenüber jedem Ausländer es können will, von ihren Nächsten und ihrem sozialen Umfeld getrennt werden? Und es gilt der klare Wortlaut der Initiative. Alle abschwächenden Erklärungen und freien Umdeutungen sind unbeachtlich, auch weil gerade die Initianten auf wortwörtliche Umsetzungen ihrer Initiativen pochen.
Nur verhältnismässige Grundrechtseinschränkungen zulässig
Der Staat kann mit Bestimmungen – sei dies in Gesetzen oder in solchen gleich kommenden Einzelbestimmungen in der Bundesverfassung - die Grund- und Menschenrechte nur einschränken, wenn dies auf einem genügenden öffentlichen Interesse beruht und die Einschränkung nur soweit geht als notwendig; was heisst, dass sie verhältnismässig sein muss. Das bestimmt die Bundesverfassung so. Die Grundrechte würden ihren eigentlichen Sinn verlieren, wenn die Regel, dass jüngere Bestimmungen älteren vorgehen, auch bei neuen Einzelbestimmungen in der Verfassung gälte; sie könnten dann auch eingeschränkt werden, wenn die verfassungsmässigen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind. Diese Regel kann hier deshalb nicht gelten, wie das Bundesgericht zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative ausdrücklich auch so entschied.
Wir haben sehr strikte Gesetze
Ausländische Personen können und sollen des Landes verwiesen werden, wenn sie die öffentliche Ordnung und die Sicherheit gefährden. Dafür haben wir strenge Gesetze und diese wurden nach Annahme der früheren Ausschaffungsinitiative noch strikter gefasst. Sie wollen jedoch, wie es die Bundesverfassung verlangt, das Verhältnismässigkeitsprinzip wahren, das in einem Rechtsstaat auch nie verletzt werden darf, soll dieser nicht zum Unrechtsstaat werden. Das wollen und kümmert die Initianten jedoch nicht, sonst hätten sie die unnötige Initiative zurückgezogen.
Die Initiative ist verfassungswidrig
Das, was die streitige Initiative möchte, verletzt im Gegenteil gerade dieses grundlegende Prinzip unseres Rechtsstaates, weil auch Personen, die unsere Sicherheit in keiner Weise gefährden, sollen ausgeschafft werden können. Ein öffentliches Interesse, das dies rechtfertigen würde, besteht nicht. Sind diese Personen hier geboren und aufgewachsen und haben sie keine Beziehung mehr zu Kultur und Sprache ihrer formellen Heimat, trifft eine Landesverweisung sie zudem in einer unmenschlichen Art und Weise und schränkt ihre Grund- und Menschenrechte gänzlich unverhältnismässig ein. Gleiches gilt wegen der Trennung von ihren Familien selbst aus nichtigem Anlass. Hinzu kommt, dass diese Personen nicht das Recht haben sollen – wie jede und jeder von uns bei Einschränkungen unserer Rechte – durch ein Gericht prüfen zu lassen, ob ihre Ausweisung mit den Menschenrechten, die die Basis unserer Demokratie bilden, vereinbar sind.
Nein, unserer eigenen Freiheit zuliebe
Demokratie bedeutet, dass das Volk nur ein zur Herrschaft legitimiertes Volk ist, wenn alle Menschen auf seinem Gebiet in gleicher Weise so Teil dieses Volkes sind, dass alle die gleichen Grundrechte haben, die das gewährleisten, was notwendig ist, um als Mitmensch respektiert zu werden. Die Menschenrechte bilden einen Damm dagegen, dass eine Mehrheit von Stimmberechtigten Menschen in ihrem grundlegenden Menschsein unterschiedlich behandeln kann. Lassen wir zu, dass nicht allen unseren Mitmenschen die gleichen Menschenrechte eingeräumt werden, bekommt dieser Damm einen Riss, der jede und jeden von uns treffen kann. Und dass auch das in Vorbereitung ist, zeigt die Initiative der gleichen Initianten, die die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Schweiz aufheben will. Setzen wir diesen Angriffen auf unseren freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat ein klares Ende, indem wir alle an die Urne gehen und zur in Frage stehenden Initiative Nein stimmen.