Als Walter Scheel am 15. Mai 1974 zum vierten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde, standen die Zeichen gerade auf Sturm. Denn kurz zuvor war die Affäre um Günter Guillaume aufgeflogen, der es geschafft hatte, als DDR-Spion in den engsten Kreis um den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt zu gelangen. Daraufhin war Brandt, ohnehin politisch angeschlagen, am 7. Mai zurückgetreten.
So kam es, dass bereits einen Tag nach der Wahl des Freidemokraten Walter Scheel der Sozialdemokrat Helmut Schmidt am 16. Mai 1974 als fünfter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland vereidigt wurde.
Die beiden Herren hätten in ihrem Auftreten nicht unterschiedlicher sein können. Walter Scheel war eine Frohnatur, manche hielten ihn für einen Luftikus und fragten, ob er der Würde des Amtes gerecht werden könne. Er konnte. Helmut Schmidt dagegen neigte sehr zur Schärfe, und manche verübelten ihm seinen Ton, der bisweilen an einen Kasernenhof erinnerte.
Beide verband aber ein gemeinsames politisches Anliegen: die Normalisierung der Beziehungen zum damaligen Ostblock. Die Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze war das wichtigste politische Ziel von Willy Brandt gewesen, das er ohne Walter Scheel nicht erreicht hätte. Denn Walter Scheel bildete mit Brandt 1969 die kleine Koalition, was die CDU vor Wut schäumen liess. Ausländische Beobachter berichteten irritiert von hasserfüllten Gesichtern im Deutschen Bundestag. Scheel war dann als Aussenminister massgeblich an den Verhandlungen der Ostverträge beteiligt. Und Helmut Schmidt stand hinter den Ostverträgen und setzte die Ostpolitik fort.
Das Foto entstand am 4. Mai 1978 am Flughafen Bonn. Bundespräsident Walter Scheel und Bundeskanzler Helmut Schmidt begrüssen den sowjetischen Parteichef Leonid Breschnew bei der Ankunft zu seinem Staatsbesuch.
(Journal 21)