Erich Kästner war einer der produktivsten und vielseitigsten deutschen Schriftsteller. Er schrieb Romane, Gedichte, Drehbücher, Essays und nicht zu vergessen: Kinderbücher. Er war ein Moralist ohne saures Moralin. In seinem Weltschmerz setzte er seine Hoffnung auf die Kinder, in denen er eine Unschuld sah, die in der Welt der Erwachsenen längst verloren gegangen ist.
Sein Roman «Fabian», der 1931 erschien und zum Teil im Berliner Nachtleben angesiedelt ist, löste einen Skandal aus. Überhaupt waren Kästners literarischer Stil und seine satirische Gesellschaftskritik den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Entsprechend wurden seine Werke bei den öffentlichen Bücherverbrennungen unter Nennung seines Namens den Feuern übergeben.
In der literarischen Welt wurde wieder und wieder gerätselt, warum Kästner nicht ins Exil ging. Er selbst hat sich dazu nicht geäussert, so dass lediglich Vermutungen über seine Motive angestellt werden konnten. So hiess es zum Beispiel, dass er sich nicht habe von seiner Mutter trennen können.
Inzwischen weiss man, dass Josef Goebbels Kästner schätzte und seine Hand über ihn hielt. So konnte Kästner unter Pseudonymen weiterhin publizieren und er wirkte an zahlreichen Drehbüchern mit. Nach dem Krieg genoss Erich Kästner einen erstklassigen Ruf, und man setzte grosse Hoffnungen auf ihn beim Aufbau der Nachkriegspublizistik. 1951 wurde er Präsident des westdeutschen PEN-Zentrums und hatte dieses Amt bis 1962 inne; 1965 wurde er zum Ehrenvorsitzenden gewählt.
Allerdings wurde Kästner durch seinen zunehmenden Alkoholismus mehr und mehr beeinträchtigt. Manche sahen darin eine Folge seiner Verzweiflung an der restaurativen Nachkriegspolitik in Westdeutschland mit der Westbindung und der Wiederbewaffnung.
Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 geboren und starb am 29. Juli 1974 in München. Das Bild zeigt ihn beim Signieren von «Emil und die Detektive» am 21. Februar 1969 während einer Lesereise in der Schweiz.
(J21)