Vor 45 Jahren, am 18. Dezember 1979, wurde Hans Küng die kirchliche Lehrerlaubnis, die Missio canonica, entzogen. Es folgten, wie Hans Küng schreibt, die «schlimmsten Monate meines Lebens, die ich auch meinen erbittertsten Gegnern nicht wünschen kann.»
Hans Küng lehrte damals an der katholischen theologischen Fakultät und war zugleich Direktor des Instituts für ökumenische Forschung der Universität Tübingen. Seine Vorlesungen und Seminare waren mehr als gut besucht, und damals gab es unter den Studenten im Hinblick auf Küngs Konflikte mit der Kirchenhierarchie die Parole: «God save the Küng.» Aufgrund seiner Bestseller «Unfehlbar? – Eine Anfrage» (1970), «Christ sein» (1974) und «Existiert Gott? Antwort auf die Gottesfrage der Neuzeit» (1978) war er auch der breiten Öffentlichkeit wohlbekannt.
Was den Zorn der kirchlichen Hierarchie auslöste, war Küngs Kritik am Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes, sein Eintreten für ein Ende des Zölibats, die Gleichberechtigung der Frau und eine weitreichende Ökumene. Dafür arbeitete er an neuen theologischen Deutungen des katholischen Amtsverständnisses, der Rechtfertigungslehre und des Abendmahls.
Küng war ein begnadeter Autor und Rhetoriker. Darüber konnte leicht vergessen gehen, wie intensiv er sich schon als ganz junger Mensch unter anderem in Rom über viele Jahre Exerzitien unterzogen hatte, in denen er insbesondere die Kraft des Gebets erfuhr. Gleichzeitig entzündete sich daran auch seine Kritik. Denn in den Exerzitien sollen immer höheren Erfahrungen der Nähe zu Gott erreicht werden, was einem normalen Sterblichen trotz jahrelanger strengster Askese kaum möglich ist. Zurück bleiben Gefühle der Schuld und des Versagens.
Eine grosse Zeit war für ihn das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965, das von Papst Johannes XXIII. einberufen worden war. Zusammen mit Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt, gaben sie dem Konzil als «Teenager-Theologen» wichtige Impulse. Später holte Küng seinen Freund Ratzinger als Professor nach Tübingen, aber im Zusammenhang mit der 68er Studentenbewegung zerstritten sie sich.
1989 legte Hans Küng Thesen unter dem Titel: «Kein Weltfriede ohne Religionsfriede» für ein gleichnamiges Symposion der Unesco vor. 1990 trug er seine Gedanken vor dem World Economic Forum in Davos vor. Aus diesen Gedanken erwuchs die «Stiftung Weltethos» mit Sitz in Tübingen.
Das Foto entstand am 16. Januar 1980 während einer Vorlesung an der Universität Tübingen.
(Journal 21)