Er war eitel, charmant, betörend, witzig, zügellos, provokativ, versnobt, talentiert, verehrt, gehasst, verachtet. Und er war einer der hochbegabtesten amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Vor hundert Jahren wurde Truman Capote geboren.
Er kannte sie fast alle in der High Society. Stars und Sternchen machten ihm den Hof. Die beiden Schauspielerinnen, die reiche Gloria Vanderbild und Oona O’Neill, die spätere Frau von Charlie Chaplin, öffneten ihm die Türen zur höheren Gesellschaft. Dort fühlte er sich wohl. Er provozierte, sezierte die Superreichen und liess sich streicheln wie eine schnurrende Katze. Die Frauen liebten ihn – ihn den 1,65 Meter grossen Homosexuellen. Er schmiss Partys mit Hunderten Gästen. Sein ganzes Leben war exzessiv. Marilyn Monroe verehrte ihn, Audrey Hepburn verdankte ihm ihre wohl berühmteste Rolle.
Er wurde in New Orleans geboren. Schon früh zeigte er schriftstellerisches und journalistisches Talent. Mit 16 Jahren veröffentlichte die Schülerzeitung seine Kurzgeschichte «Die grüne Hexe» (The Green Witch).
Er wurde zum gefeierten, exaltierten Nachwuchsautor, bekannte sich als einer der Ersten offen und stolz zu seiner Homosexualität, wurde mit Lob und Preisen überhäuft. Sein erster 1948 veröffentlichter Roman «Other Voices, Other Rooms» schaffte es sofort auf die Bestsellerliste der New York Times.
Einem breiten Publikum wurde er 1961 bekannt, als sein mit Audrey Hepburn verfilmter Roman «Breakfast at Tiffany’s» in die Kinos kam.
Er hatte Talent wie nur wenige. Der 1965 veröffentlichte Tatsachenroman «Kaltblütig» (In Cold Blood), der die wahre Geschichte der Morde an einer vierköpfigen Bauernfamilie in Kansas erzählt, wurde zum Wegbereiter des «New Journalism». Stundenlange hatte er im Gefängnis mit den beiden Mördern gesprochen und zeichnete die Morde in reportagehaftem Stil und schrecklicher Detailtreue auf. Der Roman beeinflusste zahlreiche Schriftstellerinnen und Schriftsteller und löste ein weltweites riesiges Medienecho aus. Überall landete er auf den Bestsellerlisten. Jetzt stand Truman Capote auf dem Höhepunkt seiner Popularität. 1972 begleitete er die Rolling Stones auf ihrer Tour durch die USA. Doch seine Reportage über die Stones wurde nie fertig.
Dann begann sein Absturz. Alkohol und Drogen zerstörten ihn immer mehr. Im Pamphlet «Answered Prayers» enthüllte er Geheimnisse der High Society und trieb seine einstige Freundin, die Millionärswitwe Ann Woodward, in den Selbstmord. Das verzieh ihm ein grosser Teil der amerikanischen Gesellschaft nicht. Seltsame Liaisons trieben ihn jetzt in Depressionen und zu Aufenthalten in Kliniken. Und immer wieder Alkohol. Er soll teilweise pro Tag bis zu zwei Liter Wodka getrunken haben. Am 25. August 1984 starb er einsam in Los Angeles.