Die Tat geschah vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Aber bis heute ist völlig unklar, warum der Nachtclubbesitzer Jack Ruby sich bemüssigt fühlte, den mutmasslichen Kennedymörder Lee Harvey Oswald am 24. November 1963 im Keller des Polizeigebäudes von Dallas zu erschiessen.
Sicher ist nur, dass Jack Ruby ein ziemlich bunter Vogel war. Er kam aus prekären Verhältnissen. Seine Eltern waren polnisch-jüdische Einwanderer. Zusammen mit seinen sieben Geschwistern wuchs er bei Pflegeeltern auf. Schon mit sechzehn Jahren verliess er die Schule. Einen Beruf hat er nie erlernt, aber er war sehr findig, wenn es darum ging, sich mit mehr oder weniger kriminellen Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten.
Während des 2. Weltkrieges diente er bei der Luftwaffe. Danach ging er nach Dallas, wo eine seiner Schwestern lebte. Sie hatte Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Von ihr übernahm er einen Nachtclub. In der Folge eröffnete er zwei weitere. Neben Kriminellen verkehrten dort auch Polizisten, von denen er einige mit einschlägigen Gefälligkeiten bestach. 1959 warb ihn das FBI als Informanten an, aber was er mitzuteilen hatte, war so dürftig, dass dieses Engagement eingestellt wurde. Aber immerhin: Könnte es von hier aus in irgendeiner Weise eine Verbindung zu seiner späteren Tat geben, die ihn weltberühmt macht? Man weiss es nicht.
Nach seinem tödlichen Schuss auf Oswald wurde er zunächst zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde aufgehoben, weil der Prozess, wie Rubys Anwalt geltend machte, wegen der aufgeheizten Stimmung nicht hätte in Dallas stattfinden dürfen. Zudem weckten die Äusserungen von Ruby grösste Zweifel an seiner geistigen Zurechnungsfähigkeit. Bevor ein weiterer Prozess eröffnet werden konnte, starb Ruby an den Folgen von Lungenkrebs.
Der Mord an John F. Kennedy gibt ebenso viele Rätsel auf wie die Tat von Jack Ruby. Nicht alles, was vor aller Augen geschieht, ist so offensichtlich, wie es zunächst erscheint.
(J21)