Kennen Sie den «Olympischen Frühling»? Wohl nicht. Nur wenige haben diese 600 Seiten gelesen. Eigentlich seltsam, denn der Autor dieses mythologischen Epos ist der einzige in der Schweiz geborene Nobelpreisträger für Literatur. Vor hundert Jahren starb er.
Geboren wird Carl Spitteler am 24. April 1845 in Liestal. Er arbeitet als Landpfarrer und Hauslehrer in Russland und Privatlehrer im Hause eines finnischen Generals. Später unterrichtet er an einer Mädchenschule in Bern. Dann ist er als Journalist in Bern, Basel und Zürich tätig, unter anderem ist er Feuilletonredaktor beim Bern Bund und der NZZ. Eine Erbschaft erlaubt es ihm, unabhängig zu werden und sich ganz der Schriftstellerei zuzuwenden. 1905 erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich, 1915 die der Universität Lausanne.
Seine Texte verlangen von den Leserinnen und Lesern viel Konzentration. Sie sind nicht einfach zu lesen und wirken teilweise elitär. Die Antiken Götter und Helden deutet er um und «modernisiert» sie. Der Olympische Frühling besteht aus fast 20’000 Versen.
1914, nach Beginn des Ersten Weltkriegs, spricht sich Spitteler in einer Rede im Zunfthaus zur Zimmerleuten in Zürich für die konsequente Neutralität der Schweiz aus. Dabei kritisiert er deutlich die Sympathien vieler Schweizerinnen und Schweizer für die kriegstreibenden deutschen Nationalisten. Er plädiert für eine vernunftbetonte, neutrale Haltung der Schweiz. In Deutschland löst seine Rede einen Sturm der Entrüstung aus, in Frankreich und Belgien wird sie gelobt.
Der Nobelpreis, den er 1919 – trotz deutschen Protesten – erhält, wird ihm 1920 überreicht. Im gleichen Jahr wird er mit dem Grossen Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet.
Vor hundert Jahren, am 29. Dezember 1924, stirbt Carl Spitteler in Luzern. Er ist auf dem städtischen Friedhof Friedental in Luzern beigesetzt.