Vor fünf Jahren, am 28. Juni 2019, wurden die Reste der «Morandi»-Brücke in Genua gesprengt. Um 09.28 Uhr ertönten Sirenen. Dann war ein lauter Knall und ein gespenstisches, minutenlanges Grollen zu hören. Um der aufgewirbelten Staubwolke Herr zu werden, wurden die 4000 Tonnen schweren Trümmer sofort mit Dutzenden Wasserkanonen bespritzt. Die Brücke war am 14. August 2018 teilweise eingestürzt. 35 Personenautos und drei Lastwagen fielen in die Tiefe. 43 Menschen starben.
Berichte, die vor einem möglichen Einsturz gewarnt hatten, waren von den Betreibern in den Wind geschlagen worden.
Die Brücke, die 1967 eingeweiht worden war, hatte grosse wirtschaftliche Bedeutung für Italien. Sie wurde pro Jahr von über 25 Millionen Autos befahren. Sie war eine der Zufahrtsstrecken zum Hafen und wurde pro Stunde von bis zu 100 Lastwagen überquert. Der Einsturz hatte nicht nur für die Region Genua und Ligurien, sondern für ganz Italien schwere negative wirtschaftliche Konsequenzen.
Mehrere Häuser unter der Brücke waren zerstört oder beschädigt worden. Hunderte Bewohner wurden evakuiert. Kurz nach dem Einsturz begannen Schuldzuweisungen und das Gerangel darüber, wer für den Abbruch und den Wiederaufbau zuständig sein soll.
Die Sprengung erfolgte nach Plan. Zehntausende Menschen verfolgten das Spektakel. Eine kleine Verzögerung gab es, weil ein Bewohner eines Hauses unter der Brücke nicht evakuiert werden wollte. Über 3000 Anwohner im Umkreis von 300 Metern mussten ihre Häuser verlassen. Sie durften erst am Abend in ihre Häuser zurückkehren.
Gegen fast 60 Manager, Fachleute und Beamte und zwei Firmen wurde Anklage wegen «mehrfacher fahrlässiger Tötung sowie Verstoss gegen die Sicherheit im Strassenverkehr, Falschaussage und Unterlassung von Amtshandlung» eingeleitet. Die Prozesse sind teils noch hängig.
Der in der Schweiz bekannte italienische Stararchitekt Renzo Piano hatte sich bereit erklärt, ohne Gehalt eine neue Brücke zu konzipieren. Sie wurde am 3. August 2020 unter dem Namen «Genova San Giorgio»-Brücke eingeweiht. San Giorgio ist der Stadtheilige von Genua. Die Angehörigen der Opfer hatten an der Einweihungsfeier nicht teilgenommen.