Cindy Sherman ist eine der schillerndsten Fotografinnen der Gegenwart. Einige ihrer Bilder gehören zu den teuersten Fotos auf dem Kunstmarkt. Am 19. Januar wird die Amerikanerin 70 Jahre alt.
Bekannt wurde sie mit ihren Selbstporträts beziehungsweise Selbstinszenierungen in verschiedenen Aufmachungen und Kostümen. Werke aus diesen Serien wurden im Jahr 2000 in der Londoner Tate Gallery ausgestellt. In den «History Portraits» inszenierte sich Sherman im Stil der Gemälde alter Meister. Mit Vorliebe bezog sie sich auf Caravaggio.
Zu Shermans bekanntesten Arbeiten gehören die «Untitled Film Stills» (1977–1980). Sherman stellt unterschiedliche, stereotype Rollen dar, die sich durch den Film in der Gesellschaft verankert haben, wobei jedes Bild eine neue Rolle zeigt. Ein Abzug der vollständigen Serie wurde im Dezember 1995 vom Museum of Modern Art für den Rekordpreis von über einer Million Dollar erworben und 1997 mit einer Einzelausstellung gewürdigt.
Provozierend und schockierend ist ihre Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper. So hat sie in der «Disasters»-Serie zwischen 1985 und 1989 Körperteil-Prothesen arrangiert und verrottende Nahrungsmittel, Körperausscheidungen, Erde und Abfall zu grotesken Studien des Verfalls gemacht. Die oberflächlichen Schockeffekte erinnern an Horrorfilme und lösen beinahe körperliches Unbehagen aus. Nach eigener Aussage Shermans begann ihre Arbeit an den «Disasters» mit dem Ekel vor artifiziell inszenierten Körpern in der Mode-Fotografie, die sie als viel entfremdeter und künstlicher empfindet als ihre eigenen Schock-Bilder, in denen sie humorvolle Züge sehen will.
Bei allem Fragwürdigen und Abstossenden mancher ihrer Serien gibt es doch zahlreiche Alltagsszenen, Schnappschüsse und Porträts, die ihr grosses fotografisches Können erweisen. Aber ihre Vorliebe für die – vorsichtig gesagt – ernüchternden Aspekte des Alltagslebens erinnert stark an Nan Goldin, die sich ganz der Trash-Kultur der amerikanischen Alternativ-Szene widmet.
(J21)