
Vor 100 Jahren, am 28. Februar 1925, starb Friedrich Ebert. Seine Wahl im Februar 1919 zum ersten deutschen Reichspräsidenten – nach der Hohenzollern-Herrschaft – war die Geburtsstunde der Weimarer Republik. «Weimar» dauerte 14 Jahre und endete in der Katastrophe.
Deutschland hat Friedrich Ebert viel zu verdanken. Er war kein Blender und kein grosser Redner. Ein Demagoge und ein Populist war er schon gar nicht. Der Sozialdemokrat hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Land nicht zu einer bolschewistischen Enklave wurde. Auch den Versuch der ewig Gestrigen, das Rad zurückzudrehen und Deutschland wieder in ein absolutistisch geführtes, Monarchie-ähnliches Staatswesen zu verwandeln, konnte er verhindern.
Andererseits wird ihm seine Kompromissbereitschaft gegenüber den radikalen Linken, den künftigen Nazis, der reaktionären alten Armee-Kaste und den Hohenzollern-Eliten angelastet. Er habe allzu viele Repräsentanten des Kaiserreichs an Schlüsselstellen belassen. Vor allem habe er die Armee und den Beamtenapparat zu wenig «gesäubert» und reorganisiert. In den ersten Jahren habe er es verpasst, eine schlagfertige Kraft gegen die Revolutionäre aufzubauen.
Die preussischen Junker und Grossgrundbesitzer blieben unangetastet. Viele Richter, die ganz im Dienste der reaktionären, wilhelminischen Macht standen, hätte er entlassen müssen, sagen Historiker. Ebert wurde dann selbst Opfer solcher Richter.
Er hatte gleich zwei Feinde: auf der rechten Seite die alte Hohenzollern-Elite, die jetzt nach 500 Jahren gestürzt wurde und unter dem Kaiser zu Geld und Macht gelangt war. Jetzt war sie dabei, ihre Privilegien zu verlieren.
Doch auch von links drohte Gefahr. Die Sozialdemokraten waren tief gespalten in einen rechten und einen linken Flügel. Die radikalen Linken wollten in Deutschland die «Diktatur des Proletariats». Ebert mahnte sie: «Blicken Sie nach Russland, und Sie sind gewarnt.»
Ebert hinterliess bei seinem Tod nicht das schlechteste Deutschland. Die Hyperinflation wurde gebändigt. Die Arbeitslosigkeit sank (vorerst), die Löhne stiegen (vorerst) wieder. Die Hitler-Partei war bei den Wahlen kurz vor Eberts Tod mit drei Prozent noch eine Krümelsekte.
«Der erste Reichspräsident war ein überzeugter Demokrat, ein deutscher Patriot und ein Mann der friedlichen Verständigung zwischen den Völkern», schreibt der Historiker Heinrich August Winkler. «Er gab unter schwierigen Bedingungen sein Bestes und trug niederträchtige Angriffe … mit grosser Würde.»
Ebert wurde diffamiert, beleidigt, lächerlich gemacht. Karikaturen zeigten ihn mit dickem Bauch und Zigarre. Immer wieder wurde ein Foto herumgereicht, das ihn in einer unvorteilhaften Badehose zeigte. Die Verleumdungen nagten an ihm. Doch er hielt durch: sechs Jahre lang. Dann, 1925, war Schluss. Erwin Rothardt, ein völkischer, rechtsextremer Journalist warf ihm in der «Mitteldeutschen Zeitung» vor, ein Landesverräter zu sein, weil er Anfang 1918, während des Kriegs, an einem Streik von Munitionsarbeitern teilgenommen hatte.
Er starb mit 54 Jahren als gebrochener Mann. Im ZDF-Ranking der «200 grössten Deutschen» hat Ebert keinen Platz. Dafür Heino und Claudia Schiffer.
(Dieser Text enthält Material aus dem Journal21-Artikel vom 17. Februar 2019.)
Siehe: Journal 21: Ein Gastwirt als Staatspräsident