Der im südlichen Gazastreifen liegende palästinensische Grenzort Rafah stand schon vor über 100 Jahren in den Schlagzeilen. Am 9. Januar 1917 schlugen australische und neuseeländische Truppen, die im Dienste Grossbritanniens kämpften, in Rafah einen osmanischen (türkischen) Verband. Damit wurde den Türken die Kontrolle über die Sinai-Halbinsel entrissen und der britische Zugang zum Suezkanal gesichert. Die Neuseeländer nahmen Hunderte Türken als Kriegsgefangene.
Die Briten übten seit 1882 die Herrschaft über Ägypten aus. 1914 schufen sie das von ihnen dominierte «Sultanat von Ägypten». Osmanische Kräfte versuchten, die Briten zu vertreiben. 1915 erfolgte der erste türkische Angriff auf den Suezkanal, den die Briten zurückschlugen.
Doch die Briten drangen weiter vor und stiessen auf Rafah, ein Ort mit wenigen hundert Einwohnern im südlichen Gazastreifen. Die Türken hatten dort auf einem Hügel eine Festung gebaut. Diese wurde geschützt von Schanzen, die deutsche Ingenieure errichtet hatten. Die Deutschen kooperierten im Ersten Weltkrieg mit den Osmanen.
Die Türken befanden sich in einer komfortableren Situation, da sie auf einer Strasse mit Gaza verbunden waren und schnell Verstärkung und militärisches Material anfordern konnten. Die berittenen Neuseeländer hingegen waren in der weiten Wüste meilenweit von Verstärkung und Vorräten entfernt.
Es war ein beschwerlicher Feldzug. Tagsüber brannte die Sonne unerbittlich und nachts herrschte klirrende Kälte. Der Boden war instabil, und es gab nur wenige verlässliche Orientierungspunkte. Alle Vorräte und Wasser für Mensch und Pferd mussten mitgeführt werden.
Die australischen und neuseeländischen Verbände, das «Australian and New Zealand Army Corps» (ANZAC) kämpften im Ersten Weltkrieg für das Britische Empire. Sie kämpften bei der Schlacht von Gallipoli sowie in Frankreich und Belgien. Und im Nahen Osten.
So ritt jetzt die «ANZNAC Mounted Division» dreissig Meilen durch die nächtliche Wüste, um am frühen Morgen des 9. Januar 1917 die türkische Garnison in der kleinen Siedlung Rafah anzugreifen.
Doch dann: Die Neuseeländer und Australier entschieden zunächst, sich zurückzuziehen, weil ihnen die Munition fast ausgegangen war und weil die Türken Verstärkung angefordert hatten. Dann ein letzter Versuch: Einem neuseeländischen Regiment gelang es, die türkischen Festungen zu überrennen und die Türken in die Flucht zu treiben.
Jetzt nutzten die Briten Rafah als Basis für ihren Angriff in der ersten Schlacht um Gaza. Anschliessend zogen die britischen Verbände Richtung Jerusalem weiter. Jetzt hatte sich Grossbritannien weite Gebiete in Palästina, Irak, Syrien, Libanon und Transjordanien gesichert.
1922 führten die britischen Mandatsbehörden in Palästina eine Volkszählung durch. In Rafah wurden 599 Einwohner gezählt, alles Muslime.
(Journal 21)