Gleich die ersten Sätze von «Kriegsgefangen – Erlebtes 1870» schlagen einen modernen Ton an. Fontane beginnt seinen Erlebnisbericht so: «Am 2. Oktober war ich in Toul. Ich kam von Nancy. Nancy ist eine Residenz. Toul ist ein Nest.»
Schriftsteller, Geschichtsschreiber, Journalist
Kurz zuvor, am 27. September 1870, ist er mitten im Deutsch-Französischen Krieg von Berlin nach dem besetzten Frankreich aufgebrochen. Die Reise dient dem Plan, ein drittes Kriegsbuch zu schreiben; der Vertrag mit dem Verleger Rudolf von Decker steht bereits. Fontane hat sich schon mit Büchern über den Preussisch-Dänischen Krieg von 1864 und den Deutschen Krieg von 1866 einen Ruf als Chronist Preussens erworben. Die Aufträge für diese Wälzer haben ihn, der im Alter von 29 Jahren den Apothekerberuf an den Nagel gehängt hat, etliche Jahre über Wasser gehalten. Erschwert war die schriftstellerische Selbständigkeit durch die Vaterschaft zweier unehelicher Kinder und die Gründung seiner rasch wachsenden Familie. So strebte er contre cœur nach Anstellungen – als Korrespondent verschiedener Zeitungen und als Pressemitarbeiter des preussischen Staats.
Das journalistische Handwerk ist in Fontanes Kriegsbüchern zu erkennen. Die umfangreichen Historienwerke von insgesamt rund 4’000 Seiten sind kompiliert aus Augenzeugenberichten, militärischen Dokumenten, Pressematerial, eigenen Notizen und weitläufiger Korrespondenz. Fontane bezieht Quellen der Gegner ein und berücksichtigt auch Stimmen einfacher Soldaten. Er entwickelt eine vielstimmige, mehrperspektivische Geschichtsschreibung und damit auch einen literarischen Umgang mit Stoffen. Fontane legt Wert darauf, wo möglich «sich die Sache anzusehen», und stellt rückblickend fest, durch das Schreiben der Kriegsbücher ein Schriftsteller geworden zu sein, «d.h. ein Mann, der sein Metier als eine Kunst betreibt». Dabei habe er «eine Behandlungsart erfunden (…), die vorher einfach nicht da war.»
Einen weiteren Strang von Fontanes schriftstellerischem Werdegang bilden seine Reisefeuilletons. Besonders die später als «Wanderungen in der Mark Brandenburg» gesammelten Stücke haben seinen Stil geformt. Fontane findet hier zu dem leichtem Ton des Betrachtens sowohl der Gegebenheiten und Geschehnisse wie auch des Beobachters selbst – Letzteres stets in souveräner Distanz und oft heiter-ironisch getönt.
Nun bricht also der solchermassen schriftstellerisch gerüstete Fünfzigjährige auf ins Kriegsgebiet, um als Augenzeuge seine Eindrücke für das dritte Kriegsbuch zu sammeln. Der Sieg Preussens gilt zu dem Zeitpunkt schon als sicher. Fontane macht sich Hoffnungen, die Eroberung von Paris mitzuerleben und seinen Sohn George beim triumphalen Einzug in die Hauptstadt zu sehen. Am 28. September übernachtet er im elsässischen Wissembourg, besichtigt am nächsten Tag das Schlachtfeld bei Wörth und reist danach mit einem Militärzug Richtung Paris. Da sich das Fortkommen immer wieder verzögert, fasst er den Plan, ausgehend von Nancy das «Nest» Toul, von wo George über schwere Kämpfe berichtet hatte, sowie das Dorf Domrémy, Geburtsort der Jeanne d’Arc, zu besuchen. Hier setzt Fontanes Bericht ein.
In den Händen der Franctireurs
Wie riskant Fontanes Unternehmen ist, wird sich alsbald zeigen. Der Krieg ist in vollem Gange. Auch wenn Preussen mehr und mehr die Oberhand gewinnt, sind die französischen Verbände noch keineswegs geschlagen. Einem ortsunkundigen Schlachtenbummler sind die genauen Frontverläufe oft verborgen. Zudem agieren in eroberten Zonen versteckte Gruppen von gut bewaffneten und zu allem entschlossenen Franctireurs, die mit ihrer Guerillataktik die Besetzer das Fürchten lehren.
Einer solchen Gruppe von Freischärlern fällt Fontane am 5. Oktober in die Hände, als er auf dem Dorfplatz von Domrémy eben das Denkmal der Pucelle betrachtet. Er wird ins Café de Jeanne d’Arc geführt, wo er, der als Spross einer Hugenottenfamilie Französisch spricht, den Franctireurs den Zweck seiner Reise zu erläutern versucht. Schon glaubt er, die Stimmung wende sich zu seinen Gunsten, da werden seine Waffen entdeckt. Einen Dolch und einen Revolver führt er mit sich, das ändert alles. Er kann von Glück reden, dass er nicht umstandslos erschossen worden ist. Es ist nur zu bekannt, dass die Preussen mit Franctireurs, derer sie habhaft werden, kurzen Prozess machen und dass sie Dörfer, die den Freischärlern Unterschlupf bieten, rücksichtslos niederbrennen.
Die Franctireurs von Domrémy wissen offensichtlich nicht, wie sie ihren Gefangenen einschätzen sollen. Sie überstellen ihn ins nahe Landstädtchen Neufchâteau, wo ihn der kränkelnde Souspräfekt mit «vollkommen weltmännischer Tournure» empfängt. Fontane erwähnt dessen Bedauern, «bei den Zeitläuften, die leider herrschten, mich nicht ohne weiteres in Freiheit setzen zu können». Er wird in den lokalen Kerker gebracht, wo ihn der alte Wärter durch weitläufige Korridore und ein Gewirr von Treppen in seine Wohnung führt. Als aus dem Kamin etwas Licht auf des Schliessers Gesicht fällt, ist Fontane wie vom Donner gerührt. Er steht vor dem leibhaftigen Ebenbild seines Vaters, der auf den Tag genau vor drei Jahren verstorben ist.
Karotten in Petersiliensauce
Monsieur Palazot, so heisst der Mann, nimmt dem Häftling ein paar Effekten ab – Uhr, Geld und «ein kleines Perlmuttermesser, das gerade ausgereicht haben würde, einen Maikäfer zu ermorden» – und fordert ihn auf, an seiner Mahlzeit teilzunehmen. «Es waren Karotten in einer Petersiliensauce. Ich lehnte dankend ab, bat aber um ein Glas Wasser und einen Löffel Kognak.» Als Madame Palazot das Gewünschte gebracht hat, sitzen die drei zusammen. Die anschliessende Szene illustriert die Tonalität des Buches.
«Die üblichen Trivialitäten wurden ausgetauscht und aufs neue festgestellt, dass Krieg eine sehr böse und Friede eine sehr schöne Sache sei. Nachdem wir uns innerhalb dieses Glaubensbekenntnisses gefunden, wurden die Herzen immer offener. Madame, eine herzensgute Frau, holte das Bild ihres Sohnes, eines hübschen Husarenoffiziers, dessen Regiment die grossen Kavalleriechargen bei Mars la Tour mitgemacht hatte und von dem seit der Einschliessung von Metz keine Nachrichten mehr eingetroffen waren. ‘Il est mort’ – dabei liefen der Alten die Tränen über das Gesicht; der Alte sah starr vor sich hin, spiesste eine Karotte auf, legte aber die Gabel wieder nieder, ohne gegessen zu haben. Ein braunfleckiger, weisser Hühnerhund, der dem Sohn gehörte, stimmte winselnd in die Familientrauer mit ein.»
Weniger gastfreundlich als die Palazots ist die Zelle, in der Fontane die Nacht zubringen muss. Er schliesst wegen dem Gerenne der Ratten, der Kälte und dem üblen Bett kein Auge. Am nächsten Morgen geht es weiter nach Langres in die Festung. Das erneute Verhör endet mit der Ankündigung: «Mr. le Général décidera votre sort.» Fontane schreibt hernach in sein Notizbüchlein: «Hier war das Todtschiessen nah.»
«Petite misère» und allerangenehmste Eindrücke
Er hat allen Grund zu den schlimmsten Befürchtungen. Seine Anwesenheit im Land muss verdächtig erscheinen. Ohne Berechtigung hat er eine Rotkreuz-Armbinde getragen und Waffen mitgeführt. Wie kann er eine Anklage wegen Spionage widerlegen? Nach einer Nacht voller Angst entschliesst sich Fontane, dem bewussten General, der über sein Schicksal zu entscheiden hat, eine Erklärung zukommen zu lassen. Bis acht Uhr früh setzt er ein langes Mémoire auf, um neun liegt es im Büro des Generals. Am Abend flüstert ihm der Wärter zu: «Tout va bien; tranquillisez vous!» Darauf geschieht fünf Tage lang nichts, Fontane bekommt mit, dass auch hier die Befehlshaber sich in seiner Sache nicht entscheiden können. «Es geschah, was immer in solchen Fällen zu geschehen pflegt: Eine Autorität schob einer anderen die Verantwortlichkeit zu.»
Auf Langres folgen 18 Tage in der Zitadelle von Besançon. Fontane erwähnt die Illusionen, mit denen er sich anfänglich über seine elende Lage hinwegzutrösten versucht: Es käme bestimmt bald Nachricht, man sei von seiner Unschuld überzeugt, man entschuldige sich für die Ungelegenheiten, man wünsche ihm gute Heimreise. Doch nichts davon. Die Wochen in Besançon werden zum Tiefpunkt. Fontane hält sich im Bericht bedeckt: «Die Dinge liegen hinter mir, und es tut nicht gut, ja es schädigt einen geradezu, die ganze ‘petite misère’ eines solchen Daseins auf den Tisch zu legen. (…) Ich lasse Gras darüber wachsen und führe lieber Erlebnisse vor, über die leichter und lachender zu berichten ist.»
Dieses Leichte findet sich in den Schilderungen seiner Mitgefangenen. Da ist der Händler aus Pforzheim, der Fontane über das internationale Geschäft mit Juwelen und Edelsteinen belehrt. Weiter der preussische Kutscher, der siebzehn Jahre als Zirkusreiter gearbeitet hat. Ein deutschfranzösischer Lehrer, wegen eines Gesprächs mit einem preussischen Offizier denunziert, steht vor der Entlassung, weiss aber nicht, wie er die Reise zurück nach Lothringen zu seiner Familie bezahlen soll. Fontane gibt ihm ohne weiteres das Geld. Die Folge: «Die Kunde von dieser Grosstat lief wie ein Feuer durch die ganze Zitadelle von Besançon; ich war auf einen Schlag ‘etabliert’, man gab mir ungesucht eine exzeptionelle Stellung, und der alte Sergeant (…) adressierte sich immer mit den Worten an mich: ‘un homme comme vous’.» Besonders zugetan ist Fontane dem französischen Geschichtenerzähler und Spassmacher, einem Menschen von Feingefühl und Herzensgüte. Er steckt für sechs Monate im Gefängnis, weil er ein Paar Diensthosen verkauft hat, um seinen Kameraden Wein besorgen zu können; diese haben ihn daraufhin verpfiffen.
Im Rückblick auf die Tage in Besançon versucht Fontane aus seinen Erfahrungen mit französischen Mitgefangenen sowie Militär- und Zivilpersonen auf einen «Volkscharakter» zu schliessen: «Es ist die Pflicht zu sagen, dass diese Eindrücke die allerangenehmsten waren und dass ich mir keine Nation denken kann, die in so vielen ihrer aufs Geratewohl gewählten Repräsentanten imstande wäre, ein günstigeres Urteil hervorzurufen. (…) sie waren alle verbindlich, rücksichtsvoll, zuvorkommend, dankbar für jeden kleinen Dienst, nie beleidigt durch Widerspruch, vor allem ohne Schabernack und ohne Neid.» Auch hält Fontane viel vom allgemeinen Bildungsgrad im Lande und gibt seiner Leserschaft den Hinweis, deutsche Überlegenheitsgefühle seien in dieser Hinsicht unangebracht. Dem im Krieg hochgekochten preussischen Nationalismus setzt er die schlichte Sentenz entgegen: «Hinterm Berge wohnen auch Leute.»
Keine Freilassung wegen «militärischer Augen»
Eitel Freude ist die Gefangenschaft natürlich nicht. Obschon Fontane vom Schlimmsten nicht viel sagen will, erwähnt er den zermürbenden Mangel an Sauberkeit und Körperpflege. Er setzt diesen in Bezug zur «Vorstellung einer gewissen innerlichen Unreinheit, (…) ein[em] Gefühl, das uns gradatim allen Mut und alle Zuversicht raubt und uns schliesslich dahin bringt, im tiefsten Misstrauen gegen uns selbst, jede Unbill als etwas Selbstverständliches und Wohlverdientes hinzunehmen.» Es ist der Verlust des Selbstwertgefühls, den er hier beschreibt. Beunruhigt entdeckt er an sich selbst eine geistige Verödung: «… ich verfiel der Phrase, dem Geschwätz, der Trivialität. Es bildete sich eine Konversationsform aus, die ich als Greffier-, Schliesser- und Gendarmenunterhaltung bezeichnen möchte, eine unsagbar schreckliche Form geistigen Verkehrs, immer dasselbe, so dass ich zuletzt genau berechnen konnte, ‘jetzt kommt das’.»
Das lange erwartete Urteil führt zu Fontanes Freisprechung vom Vorwurf der Spionage, aber nicht zur Freilassung. Man sagt ihm, er habe «militärische Augen» und könne deshalb zuviel gesehen haben. In Rücksicht auf seine Unschuld erhält er jedoch den Status eines «officier supérieur» und somit im weiteren Verlauf der Gefangenschaft eine – nach jeweiliger Möglichkeit – bevorzugte Behandlung.
Zwei Monate auf der Île d’Oléron
Von Besançon geht es am 29. Oktober, dreieinhalb Wochen nach der Gefangennahme, über mehrere Zwischenstationen auf die Île d’Oléron an der Atlantikküste nahe La Rochelle. Bis Fontane wieder frei und auf Heimreise ist, wird es weitere zwei Monate dauern. Immerhin gestaltet sich der Aufenthalt in der Zitadelle der Île d’Oléron einigermassen erträglich. Fontane wird zuvorkommend behandelt. Er bekommt in der mit tausend Kriegsgefangenen belegten Festung ein eigenes Zimmer mit Ofen und kleinem Schreibtisch, einen Burschen namens Rasumofsky zu seinen Diensten – und vor allem: Er kann arbeiten. Fontane schreibt seinen Erlebnisbericht «Kriegsgefangen» nieder, seine erste autobiographische Erzählung. Sie wird sich als Durchbruch zur literarischen Karriere herausstellen.
Am 24. November bekommt Fontane die Nachricht über seine Freilassung. Fünf Tage später reist er von der Île d’Oléron ab. Die Rückkehr ist nochmals ein Abenteuer voller Unwägbarkeiten; das Land befindet sich immer noch im Krieg, etliche Bahnstrecken sind unterbrochen, die Lage kann sich jederzeit ändern. Er reist über Anglouème, Orléans, Toulouse, Montpellier, Marseille und Lyon nach Genf. Erschöpft von der Reise, betritt er im dortigen Hotel Viktoria sein Zimmer. «Als ich in den kleinen Raum eintrat, sang neben mir eine Pensions-Engländerin die Gnadenarie, und an dem schlecht eingehakten Fenster rüttelte der Sturm. Gleichviel. Ich warf den Reisesack in die Ecke, mich selber aufs Sofa, kreuzte die Hände über der Brust, atmete hoch auf und sagte das eine Wort ‘Frei’.» Am 5. Dezember, genau drei Monate nach der Gefangennahme in Domrémy, ist er wohlbehalten in Berlin.
Die einzigen Nachrichten, die ihn während der drei Monate erreicht haben, sind zwei Telegramme in Besançon, eines von seiner Frau Emilie und eines vom Schweizer Bundespräsidenten Jakob Dubs. Von da an hat Fontane gewusst, dass Bestrebungen zu seiner Befreiung im Gang sind. Was er nicht weiss: Keiner seiner Briefe in all der Zeit ist zuhause angekommen. Nach der Rückkehr erst erfährt er, dass seine Berliner Freunde Friedrich Eggers und August von Heyden am 20. Oktober nach Frankreich gereist sind, um ihn zu suchen. Ein weiterer Freund, Moritz Lazarus, hat seine internationalen Kontakte zu Fontanes Gunsten mobilisiert; die Intervention des Schweizer Bundespräsidenten Dubs ist darauf zurückzuführen. Am 29. Oktober hat sich auch Bismarck eingeschaltet; welchen Stellenwert seine diplomatische Demarche für Fontanes Freilassung gespielt hat, ist unklar. Fontane selbst glaubt seine Befreiung vor allem Moritz Lazarus und dem von ihm aktivierten Netzwerk zu verdanken. Dieses hat ihm auch die Hafterleichterungen verschafft, ohne die er mit seiner durch Herz- und Atemprobleme geschwächten Konstitution die Gefangenschaft vermutlich nicht überlebt hätte.
Von Preussen gebrochene Vereinbarung
Bei den von Lazarus ausgehenden Verhandlungen um Fontanes Freilassung hat eine Vereinbarung mit der französischen Regierung zum Austausch Fontanes gegen einen gefangenen französischen Offizier eine vielleicht entscheidende Rolle gespielt. Gleich nach seiner Rückkehr erkundigt sich Fontane bei der Regierung nach deren Einhaltung. Er drängt auf Erfüllung der Vereinbarung durch Preussen, da er während seiner Gefangenschaft wohlwollend und human behandelt worden sei. Als Fontane abschlägigen Bescheid bekommt, schreibt er direkt an den in Versailles weilenden Kriegsminister Albrecht von Roon. Auch dieser will von einem Gegenrecht zugunsten der französischen Seite nichts wissen.
Es ist offensichtlich, dass sich das Wohlwollen für den Kriegsberichterstatter Fontane bei staatlichen Instanzen wie auch in der nationalistisch aufgepeitschten Öffentlichkeit in Grenzen hält. Der Schriftsteller hat nicht nur die Risiken seiner auf eigene Faust unternommenen Erkundungsreise, sondern auch die patriotischen Wallungen seiner Landsleute nicht richtig eingeschätzt.
Düpierte Publikumserwartungen
Im Schlussteil von «Kriegsgefangen» sind kurze Kapitel mit fremden Erlebnisberichten eingeschoben. Fontane lässt darin Soldaten zu Wort kommen, die mit ihm in der Zitadelle von Château-d’Oléron gefangen waren. Diese Kapitel sind vermutlich dem Kalkül geschuldet, mit etwas Kriegskolorit den Publikumserwartungen entgegenkommen zu können. Die blutigen Erzählungen bleiben aber allzu erkennbar Fremdkörper in Fontanes Buch. Auch taugen sie mit ihren realistischen Schilderungen von Gräueln und Kriegselend nicht zu Heldengeschichten.
Drei Wochen nach Fontanes Rückkehr beginnt der Vorabdruck von «Kriegsgefangen» in der «Vossischen Zeitung»; zeitgleich mit der letzten Folge liegt auch das gedruckte Buch vor. Fontanes Sohn George ist nicht der einzige, der kritisiert, die Franzosen würden in der Erzählung zu freundlich dargestellt. Anlässlich des Erscheinens eines weiteren Buches über den Deutsch-Französischen Krieg schreibt Fontane an eine Freundin über die zu erwartenden, weil auch bei «Kriegsgefangen» schon erfolgten Reaktionen: «In Petersburg, in Warschau, in New York, in der Schweiz, in Holland wird man es wahrscheinlich mit Zustimmung lesen, hier wird man es wohl wieder zu ‘franzosenfreundlich’ finden, weil ich nicht ausgesprochen habe, jeder Franzose muss zur Strafe seiner Sünden lebendig gebraten werden.»