Im selben Atemzug, in dem er auf die schleichende Konfrontation zwischen John Kerry und Benjamin Netanjahu aufmerksam macht, und in jenen Tagen, in denen sich aus dem Amt geschiedene Politiker, Militärs und Geheimdienstchefs fast reihenweise von Netanjahu distanzieren, wartet Beilin mit Ideen auf, die ihn zu diskreditieren drohen.
Denn trotz der Präambel der „Genfer Initiative“ mit ihrer Anerkennung der nationalen Ebenbürtigkeit beider Völker bekennt sich der Chef ihres israelischen Teams zu Netanjahus Forderung an die Adresse der Autonomiebehörde, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen und jenen Siedlern, die in der Westbank unter palästinensischer Souveränität bleiben wollen, nach Gründung des Staates Palästina weiterhin die israelische Staatsbürgerschaft zu gewährleisten. Vor kurzem hat Netanjahu seinen Gegenspieler Machmud Abbas eingeladen, vor der Knesset Israels Definition als jüdischen Staat zu bestätigen.
Ein Wort zur politischen Zukunft der arabischen Bevölkerung in Ost-Jerusalem sucht man bei Beilin vergebens. Dagegen wäre fünf Jahre nach Abschluss eines Friedensvertrages die Zahl der Siedler festzustellen, woraufhin die Quote der in Israel aufzunehmenden palästinensischen Flüchtlinge ermittelt und diese mit Dauerwohnrecht ausgestattet werden könnten. Ihr Eintritt in die Staatsbürgerschaft ist nicht vorgesehen.
Einstiger Teil der „Oslo-Verbrecher“
Es ist noch nicht so lange her, dass Beilin neben Yitzhak Rabin und Shimon Peres in der israelischen Öffentlichkeit als „Oslo-Verbrecher“ beschimpft wurde, denen allesamt der Prozess gemacht werden müsse. Statt sich von diesen Verwünschungen abschrecken zu lassen, entwickelte er nach dem Scheitern des Dreiergipfels in Camp David mit Bill Clinton, Ehud Barak und Yasser Arafat im Juli 2000 und dem endgültigen Aus im Januar 2001 in Taba gemeinsam mit dem Leiter des palästinensischen Teams Yasser Abed Rabbo in fast dreijähriger Kleinarbeit jenes Zwei-Staaten-Modell der „Genfer Initiative“, das in den Außenämtern der Welt zwar freudig begrüßt wurde, aber auf die nachdrückliche Unterstützung vergeblich wartete.
In persönlichen Gesprächen auf beiden Seiten habe ich damals auf eine bedeutsame Leerstelle hingewiesen: Beide hätten es versäumt, sich zur doppelten politischen Moral zu äußern, der die mehr als 20 Prozent der israelischen Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit unterliegen. Die vielfache Bestätigung der „alten Garde“ bei den jüngsten Kommunalwahlen in den arabischen Städten und Ortschaften hin oder her: Die politische Zukunft gehört jenen Kräften, die auf einen Status der politischen Autonomie hinarbeiten, wenn die Gründung des souveränen Staates Palästina ausbleibt. Israel wäre von innen gesprengt.
Was bleibt von der Friedensszene?
Beilins Einlassung zur jüdischen Identität Israels wird die Siedler einmal mehr in ihrem Anspruch auf „Judäa und Samaria als Heimat des jüdischen Volkes“ bestärken. Der internationalen Staatengemeinschaft hingegen droht die Gefahr, nunmehr Regelungsentwürfen aus der Zivilgesellschaft hinterherzulaufen, der sie zumindest Sympathien entgegenbrachte. In Berlin dürfte Beilin vor allem bei „Bündnis 90/Die Grünen“ und bei der „LINKEN“ mit ihrem Bekenntnis zur „Genfer Initiative“ manche Irritationen auslösen. Das alte Dilemma findet also eine neuerliche Bestätigung: Es fehlen verlässliche Ansprechpartner. Zwar beklagt die israelische Friedensszene unentwegt die wachsende Zahl der Siedler, bleibt aber selbst politisch unzuverlässig und organisatorisch zerrissen.
Ende Oktober 2008 verkündete Beilin nach dem Intermezzo als Vorsitzender der linksbürgerlichen „Meretz“-Partei seinen Rückzug aus der Politik und gründete ein Unternehmen für internationale Beratung und strategisches Investment unter dem Namen „Beilink“ mit Sitz in Herzliya-Pituach. Das Ziel sei etwas Ähnliches wie ein „Außenministerium für die Geschäftswelt“ zu entwickeln und dort zu helfen, wo Israel diplomatisch nicht vertreten sei. So kann man Teil des politischen Diskurses bleiben, auch um sich in die Abwehr der EU-„Guidelines“ vom Juni 2013 einzureihen.