Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hat in Österreich eine Rechtsaussen-Partei die Wahlen klar gewonnen. Laut dem definitiven Schlussergebnis kommt die rechtspopulistische FPÖ von Herbert Kickl auf 28,8 Prozent der Stimmen. Doch Bundeskanzler ist Kickl damit noch lange nicht.
Die bisherigen Regierungsparteien erleiden erhebliche Verluste. Die Kanzlerpartei ÖVP (Österreichische Volkspartei) verliert über 11 Prozent an Stimmen, die Grünen über 5 Prozent.
Die konservative ÖVP kommt auf 26,3 Prozent der Stimmen, die sozialdemokratische SPÖ auf 21,1 Prozent, Neos auf 9,2 Prozent und die Grünen auf 8,3 Prozent.
Die Bier-Partei und die Kommunisten scheitern an der Vier-Prozent-Hürde.
Die linksliberale Bier-Partei kommt auf 2,0 Prozent. Gegründet worden war sie vom studierten Mediziner Dominik Wlazny, einem österreichischer Punkrocker und Kabarettisten.
Die Kommunisten (KPÖ) haben zwar im April in Innsbruck den Sprung in den Gemeinderat geschafft. Bei den jetzigen nationalen Wahlen erzielten sie gemäss erster Hochrechung jedoch nur 2,4 Prozent der Stimmen.
Die FPÖ gewinnt 12,6 Prozent. Die regierende ÖVP verliert 11,2 Prozent, die Sozialdemokraten verlieren 0,1 Prozent, die Grünen verlieren 5,6 Prozent und Neos gewinnt 1,1 Prozent.
Die nicht im Nationalrat vertretenen Kommunisten (KPÖ) gewinnen 1,7 Prozent und die Bier-Partei 1,9 Prozent.
Wer ist Kickl?
Wer ist dieser FPÖ-Vorsitzende, der die Wahlen an diesem Sonntag gewann? Herbert Kickl war ein Gegner der Corona-Massnahmen, spricht von «Genderwahn» und «Klimakommunismus», wettert gegen die «lügenden Systemmedien», bezeichnet sich als Freund des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán und ist für die «Remigration uneingeladener Fremder». Bundeskanzler Karl Nehhammer bezeichnet ihn als «rechtsextrem» und «Gefahr für die Demokratie». Der Westen soll der Ukraine keine Waffen liefern, fordert Kickl. Er hat gute Beziehungen zu europäischen Rechtspopulisten und Rechtsextremen.
Alice Weidel, die Vorsitzende der deutschen AfD, hat Herbert Kickl als Erste zu seinem Wahlsieg gratuliert.
Trotz seinem guten Ergebnis ist Kickl noch lange nicht Bundeskanzler. Die ÖVP käme wohl als einzige Partei als Koalitionspartnerin der FPÖ in Frage. Doch die Konservativen haben eine Zusammenarbeit mit Kickl ausgeschlossen, nicht aber mit der FPÖ als Partei selbst.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätte die Möglichkeit, den Zweitplatzierten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Das wäre die ÖVP mit dem jetzigen Bundeskanzler Karl Nehammer.
Mögliche Koalitionen
Aufgrund des definitiven Schlussergebnisses ergeben sich folgende Sitzverteilungen:
Der österreichische Nationalrat zählt 183 Sitze. Das absolute Mehr beträgt also 92 Mandate.
Mit der von Herbert Kickl geführten FPÖ will niemand eine Koalition eingehen. (Würde Kickl zurücktreten, sähe es anders aus.) Die FPÖ gewann im Nationalrat 26 Sitze und kommt jetzt auf deren 57.
Folgende Koalitionen ohne FPÖ wären möglich:
- ÖVP (51 Sitze, minus 20) + SPÖ (41 Sitze, plus 1) + Neos (18 Sitze, plusw 3) = total 110 Sitze
- ÖVP (51 Sitze, minus 20) + SPÖ (41 Sitze, plus 1) + Grüne (16 Sitze, minus 10) = total: 108 Sitze.
- ÖVP (51 Sitze, minus 20) + SPÖ (41 Sitze, plus 1) = total: 92 Sitze.
6,3 Millionen Österreicher und Österreicherinnen waren an diesem Sonntag aufgerufen, bei der Nationalratswahl ihr Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung betrug 78,5 Prozent.
(Journal 21)