US-Präsident Donald Trump ist kein einfacher Mensch. Vor allem für die iranische Opposition nicht. Es gibt unversöhnliche Gegner der Machthaber in Teheran, die diese mit allen Mitteln zu Fall bringen wollen – wenn es sein muss mit Hilfe von Trump, Saudi-Arabien, Israel oder wem auch immer. Doch es gibt auch Gegner, die ihre Zweifel haben.
„Cats will dream of mice or foolish wishful thinking“ – so lautete der Titel eines Briefs, der am 31. Mai als bezahlte Anzeige in der New York Times erschien.
Eine existenzielle Katz-und-Maus-Geschichte
Man mag diesen Satz übersetzen, wie man will, darin ist jedenfalls von Träumen und Wunschdenken und Dummheit die Rede.
Aber wer soll die träumende Katze sein und wer die Maus? Träumt die Katze tatsächlich oder sind wir bereits in der Wirklichkeit angekommen. Ist die Katze nicht nicht längst zum Angriff übergegangen? Wird sie die Maus fangen oder ist diese clever genug, um zu entkommen? Und warum nehmen die Iraner diesen Satz so ernst, dass sie dem Text seit seinem Erscheinen Hunderte Artikel und Dutzende Stunden TV-Talkrunden gewidmet haben?
Ganz einfach. Weil diese Katz-und-Maus-Geschichte eine sehr existentielle ist. Denn es geht darin einfach um alles: darum, ob es in absehbarer Zukunft den Iran als politische Einheit auf der Landkarte noch geben wird oder nicht. Zudem spürt diese heraufziehende Bedrohung momentan jeder. Und schliesslich nimmt man den Satz auch deshalb ernst, weil man seinen Autor ernst nehmen muss. Denn der ist nicht irgendwer.
Das Sinnbild der Schah-Ära
Er heisst Ardeshir Zahedi. Der 89-Jährige verkörpert wie kein anderer alles, was der Iran vor der Islamischen Republik war – im Guten wie im Schlechten. Der Name Zahedi ist mit der Herrschaft des Schahs unzertrennlich verbunden. Ardeshirs Vater Marschal Zahedi steht für den Militärputsch von 1953. Mit diesem vom CIA unterstützten Staatsstreich gegen den legal amtierenden Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh nahm die iranische Katastrophe ihren Anfang – so jedenfalls die unauslöschliche Volkserinnerung. Ardeshir wurde später Schwiegersohn des Schahs. Als Absolvent einer amerikanischen Universität war er das wichtigste Bindeglied zwischen dem Monarchen und der amerikanischen Administration. In Washington mochten Präsidenten kommen und gehen, Ardeshir Zahedi blieb. Als Aussenminister stand er mehrere Jahre an der Spitze der königlichen Diplomatie. Er kennt alle US-Präsidenten von Beginn der 50er Jahre bis zur iranischen Revolution 1979 persönlich.
Länger als jeder andere, mit Unterbrechung fast zehn Jahre, war er Botschafter in Washington. Zahedi hatte diesen Posten bis zur letzten Stunde der Schah-Herrschaft inne. Das Botschaftsgebäude räumte er erst, als die revolutionären Studenten kamen und die königliche Gesandtschaft in eine islamische Mission verwandelten. Es dauerte dann nicht einmal ein Jahr und die Botschaft wurde wegen der Geiselnahme der US-Diplomaten in Teheran geschlossen. Seitdem herrscht zwischen Teheran und Washington Funkstille, man hört seit fast vierzig Jahren nur Kriegsrhetorik.
Die Geschichte einer Anzeige
Diese kurze Biographie soll zeigen, dass kaum ein anderer Iraner die US-Administration besser kennt als Ardeshir Zahedi. Der Greis residiert heute im schweizerischen Montreux, und er werde mit Sicherheit auch im Exil sterben, sagt er selbst, trocken und realistisch. Doch Zahedi, der Dutzende Ehrendoktorwürden verschiedener Universitäten dieser Welt besitzt, ist trotz seines hohen Alters hellwach und äussert sich regelmässig zu aktuellen Ereignissen rund um den Iran.
Und damit zurück zur Katz-und-Maus-Geschichte: Er habe, sagt Zahedi, zunächst einen kurzen Beitrag über Trumps Iran-Politik schreiben wollen, doch die New York Times habe diesen abgelehnt. Als sie auch einen Leserbrief von ihm ablehnte, habe er seine Meinung eben als bezahlte Anzeige veröffentlicht. Wie auch immer: Der Text ist jedenfalls eine Antwort auf Mike Pompeo. (Ganzer Text der Anzeige: siehe unten)
Den Iran in die Knie zwingen
Der Aussenminister der Vereinigten Staaten hatte nämlich drei Tage zuvor in einer Grundsatzrede verkündet, die USA wollten den Iran in die Knie zwingen. Es war Pompeos erste grosse Rede als Aussenminister, und er gab sich dabei wenig diplomatisch. Zwei Wochen zuvor hatte Präsident Trump den Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran verkündet. Pompeo, Ex-CIA-Chef, war in seiner Rede durch und durch unversöhnlich, nicht nur der Islamischen Republik gegenüber, sondern auch all denen in der Welt gegenüber, die Amerikas Iran-Politik nicht mittragen wollen.
Die USA würden die Wirtschaft des Iran mit aller Macht zerstören und seine Agenten und Handlanger in aller Welt „brechen“, sagte Pompeo und fügte hinzu: Würden die Sanktionen erst einmal greifen, werde der Iran ums Überleben kämpfen und das sei „nur der Anfang“.
Fehlt nur, dass der Iran christlich werden soll
Wolle das Land diesem Schicksal entgehen, müsse es zwölf Bedingungen erfüllen, sagte Pompeo und zählte diese eine nach der anderen auf: von der Einstellung des Raketenprogramms bis zum Ende der Unterstützung diverser militanter Gruppen im Nahen Osten, der Abzug aus Syrien gehörte ebenso dazu wie die Freilassung amerikanischer Gefangener. Niemals wieder werde das Regime in Teheran einen „Freipass erhalten, um den Nahen Osten zu dominieren“, so Pompeo wörtlich.
Dieser aggressive Ton überraschte Kenner des US-Aussenministeriums ebenso wie ehemalige Militärs. Das Einzige, das Pompeo nicht vom Iran verlangt habe, sei eine Konversion zum Christentum, kommentierte tags darauf Jeremy Shapiro vom European Council on Foreign Relations gegenüber der Washington Post.
Ein Plan der Zerstörung
Pompeos Rede ist ein konkreter Plan für die Zerstörung der staatlichen Ordnung im Iran und fordert einen Regime Change. Dass es danach einen Iran, wie wir ihn heute kennen, noch geben wird, ist höchst unwahrscheinlich. Trump und seine Entourage sind offenbar entschlossen, diese Politik unbeirrt fortzusetzen – koste es, was es wolle. Mit oder ohne Europa würden die USA mit ihrer Politik gegenüber dem Iran fortfahren, sagte Donald Trump am Samstag im kanadischen La Malbaie, kurz bevor er die G7-Konferenz vorzeitig verliess.
Ardeshir Zahedi, der Greis aus dem schweizerischen Montreux, fürchtet einen Krieg, er glaubt, dem Iran stünde demnächst ein ähnliches Schicksal bevor wie dem Irak im Jahr 2003. Zahedi warnt davor, den Iran und den Irak miteinander zu verwechseln. Der Iran sei ein Land mit einer 3’000 Jahre alten Geschichte und territorialer Kontinuität, schreibt Zahedi, und fügt hinzu: „Mit einem Territorium von 636’000 Quadratmeilen und einer Bevölkerung von zweiundachtzig Millionen ist der Iran kein Irak. Der Iran wird einem ausländischen Militärangriff widerstehen können. Trotzdem sollten wir uns an den Fall Irak erinnern. Der Krieg basierte auf gefälschten Dokumenten und Lügen. Der Angriff hatte weder die Autorität der Moral noch die des Gesetzes. Das Ergebnis waren massiver Tod und Zerstörung. Hunderttausende von Unschuldigen starben und viele Millionen verloren vollständig ihre Zukunft. Und finanziell? Laut dem US-Präsidenten wurden sieben Milliarden Dollar verschwendet. Funktionieren die Gehirne im Aussenministerium und bei der CIA noch?“, fragt der alte Diplomat.
Eine mediale Bombe
Dass es tatsächlich einen Krieg der USA gegen den Iran geben wird, scheint zwar derzeit nicht sehr wahrscheinlich. Doch der dramatische Appell Zahedis schlug im Iran ebenso wie in der Diaspora wie eine Bombe ein. Man müsse die Warnung des alten Mannes ernst nehmen, kommentierten manche, andere vermuteten zwielichtige Mächte hinter der Anzeige. Wird es einen Krieg geben und, wenn ja, wann? Und was wird dann aus dem Iran werden?
Doch über all diesen Fragen steht unter den diskussionssüchtigen Iranern noch eine andere Glaubensfrage: Wie stehst Du zu Ardeshir Zahedi, dem Schwiegersohn des Schahs, dem Sinnbild dessen, das die untergegangene Dynastie ausgemacht hat? Was hältst Du von jemandem, der nun mit all seiner politischen Erfahrung und seinem familiären Gewicht für die Islamische Republik in die Bresche springt? Zahedi selbst sagt, er sei zwar auch gegen die Machthaber in Teheran, bleibe aber trotzdem Patriot und wisse, dass Trumps Politik zur Zerstörung des Iran führen werde.
Für oder wider Zahedi, für oder wider Trump, das ist die Frage, die dieser Tage in der iranischen Diaspora mit aller Vehemenz debattiert wird. Und in dieser verbalen Schlacht bringt jede Seite unzählige Argumente und historische Vergleiche vor. In einer BBC-Talkrunde über Zahedis Text verstieg sich ein Teilnehmer zu der Behauptung, Ali Khamenei, das religiöse Oberhaupt und der mächtigste Mann der islamischen Republik, sei der Hitler unserer Tage, die iranische Opposition müsse sich deshalb so verhalten wie einst Charles de Gaulle, der vom britischen Exil aus gegen die Nazis in Frankreich kämpfte. Wenn es so einfach wäre mit den historischen Vergleichen.
Kronzeuge der Revolutionsgarden
Vergangenen Sonntag veröffentlichte die Zeitung Javan – das Organ der Revolutionsgarden, das in innen- und aussenpolitischen Fragen äusserst radikale Positionen vertritt – ein langes Interview mit Ardeshir Zahedi. Hier ein Ausschnitt des Interviews:
مقاله اردشیر زاهدی وزیر خارجه دوران پهلوی در «نیویورکتایمز» سورپرایز مهم هفته گذشته رسانههای خارجی در مورد ایران بود، مقالهای که در آن زاهدی ضمن دفاع از سیاستهای منطقهای جمهوری اسلامی ایران به راهبردها و اقدامات دولت دونالد ترامپ در قبال ایران حمله شدیدی کرده بود، مقالهای که از بدو انتشار واکنشهای متعددی را برانگیخت، ازجمله این واکنشها حمله گسترده بازماندههای حکومت پهلوی به زاهدی بود، شهرام همایون و جریان رسانهای نزدیک به پهلوی، مقاله زاهدی را پولی خواندند و محتوای آن را سفارشی توصیف کردند.
اما حقیقت ماجرا برای خود من بهعنوان یک روزنامهنگار مشکوک بود، چطور میشود پسر فضلا... زاهدی رئیس دولت پس از کودتای آمریکایی 28 مرداد، داماد و رفیق شفیق محمدرضا پهلوی، وزیر خارجه پرنفوذ دوران طاغوت و سفیر مهم و اثرگذار ایران در آمریکا چنین مقالهای بنویسد؟
Der Interviewer beschreibt zunächst seine Schwierigkeit, den alten Mann in Montreux telefonisch erreichen zu können. Schliesslich erfährt er, dass Zahedi in einer Klinik sei. Trotzdem soll das Gespräch stattgefunden haben – ob das wahr ist oder „Fake News“, wissen wir nicht. Jedenfalls äussert sich in dem Interview ein alter Mann sehr patriotisch, er sieht sein Land in unmittelbarer Gefahr.
Doch allein dass eine Zeitung wie Javan sich genötigt sieht, Zahedi als Interviewpartner zu präsentieren, zeigt, wie realistisch auch die Revolutionsgarden die Gefahr einschätzen, welche Nervosität in der Teheraner Führung herrscht – und vor allem, welche Rolle dabei dem einstigen Schwiegersohn des Schahs zukommt.
http://www.javanonline.ir/fa/news/911293/غربی%E2%80%8Cها-حرف%E2%80%8Cشان-زور-است-می%E2%80%8Cخواهند-ایران-دست-خودشان-بیفتد-آمریکا-در-دوران-پهلوی-هزار-بار-از-ما-استفاده-کرد
http://www.javanonline.ir/fa/news/911286/واکاوی-دلایل-عملیات-روانی-با-موضوع-جنگ
http://news.gooya.com/2018/06/post-15581.php
http://news.gooya.com/2018/06/post-15578.php
http://news.gooya.com/2018/06/post-15581.php
http://news.gooya.com/2018/06/post-15564.php
http://nototerrorism-cults.com/en/?p=1441
Mit freundlicher Genehmigung Iran Journal