Im Wahlkampf versprach Donald Trump vollmundig, den politischen Sumpf in Washington trockenzulegen. Bewirkt hat er bisher das Gegenteil: das Biotop D. C. versumpft immer tiefer und zieht immer mehr Kreaturen aus dem Umfeld des Präsidenten in den Bann. Immer länger wird die Liste jener Personen, die entweder gefeuert worden sind oder das Weisse Haus aus eigenen Stücken verlassen haben. Und mit lukrativen Buchkontrakten ihre abrupt beendeten Karrieren zu retten versuchen.
Derweil wächst für Donald Trump das Risiko, selbst in jenem Sumpf zu versinken, den er eifrig bewässert hat. Diese Woche haben Bundesgerichte zwei Männer schuldig gesprochen, die zum innersten Kreis des Präsidenten gehörten: seinen früheren persönlichen Anwalt und „fix-it guy“ Michael Cohen sowie seinen zeitweiligen Wahlkampfleiter Paul Manafort, den Trump trotz dessen Verurteilung in acht Anklagepunkten einen „guten Menschen“ nennt. Während Cohen sich im Voraus schuldig bekannte und auf Strafmilderung hoffen darf, stellte sich Manafort dem Urteil von zwölf Geschworenen und verlor.
Michael Cohens Schuldgeständnis und Paul Manaforts Verurteilung sind ein Sieg für Sonderermittler Robert S. Muller III. Der frühere FBI-Chef untersucht im Auftrag des Justizministeriums seit Mai vergangenen Jahres, ob es im Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu Kontakten zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Vertretern der russischen Regierung kam, die laut Erkenntnissen der US-Geheimdienste versuchten, den Ausgang des Urnengangs zu beeinflussen.
Für Robert S. Mueller, einen Republikaner, kommen Geständnis und Schuldspruch gerade zur rechten Zeit: Der Präsident hat stets alles unternommen, um die Bemühungen des Sonderermittlers zu diskreditieren, und die Untersuchung wegen allenfalls illegaler Absprachen („collusion“) als Hexenjagd bezeichnet. Offenbar glauben nicht wenige Amerikaner Trumps kruden Argumenten: Einer Meinungsumfrage zufolge findet nur noch knapp die Hälfte der Befragten, der Sonderermittler führe „eine faire Untersuchung“.
Den jüngsten Entwicklungen zum Trotz sehen Donald Trumps republikanische Parteigänger und seine Propagandisten in den konservativen Medien nach wie vor keinen Grund zur Beunruhigung. Es gebe, argumentieren sie, keinen Zusammenhang zwischen den Aktivitäten des Präsidenten und den Taten der beiden Verurteilten aus seinem engsten Umfeld. Auch würden sie noch auf mehr Informationen warten. Robert S. Mueller, so fordern sie, solle seine überflüssigen Ermittlungen so rasch wie möglich einstellen – zum Wohle der Nation.
Zwar wird weder Michael Cohen noch Paul Manafort vorgeworfen, direkt mit den Russen in Verbindung gestanden oder mit ihnen krumme Geschäfte getätigt zu haben. Verurteilt wegen Bankbetrugs, Steuerhinterziehung und Verletzung von Gesetzen zur Wahlkampffinanzierung, sind sie beide zu „Nebenschäden“ der Sonderermittlungen geworden. Und beide haben sie Donald Trump so nahe gestanden, dass sie ihm gefährlich werden können, sollten sie sich dazu entschliessen, vor Gericht zwecks Strafmilderung überhaupt oder weiter auszupacken und den Präsidenten direkt zu belasten.
In einem Fall hat Michael Cohen, unter Eid, seinen früheren Chef bereits angeschwärzt: Er habe im Auftrag „des Kandidaten“ an zwei Frauen Schweigegelder gezahlt, um ihre Affären mit Donald Trump geheim zu behalten und den Wahlkampf allenfalls nicht mit deren Enthüllungen zu stören. „Egal, ob er als nicht-angeklagter Mitverschwörer bezeichnet wird oder nicht, das ist, was der amtierende Präsident heute faktisch ist“, folgert Harvard-Professor Lawrence Tribe, ein anerkannter Experte in Verfassungsrecht.
Juristisch weniger differenziert titelt die „New York Times“ ihren Kommentar über die Fälle Cohen und Manafort in Anlehnung an den Bestseller von Bob Woodward und Carl Bernstein und ihren Oscar-prämierten Film über Richard Nixons Watergate-Affäre „All the President’s Crooks“ – Alle Schurken des Präsidenten.
Noch ist nicht bekannt, ob Sonderermittler Mueller auch Donald Trump vorladen will, ein Schritt, den dessen Anwälte, allen voran Rudy Giuliani, mit allen Mitteln zu stoppen versuchen. Für zu gross halten sie das Risiko, dass sich der Präsident, der sich anscheinend über dem Recht wähnt, des Meineids schuldig macht. Laut CNN befürworten inzwischen 70 Prozent der Leute im Lande, dass Donald Trump vor Robert S. Mueller aussagt. Ob sich der 45. US-Präsident aus diesem Loch wieder heraus twittern kann? Jedenfalls dürfte er kaum aufhören, weiter zu graben.