Die Schritte, welche die russischen Militärs unternehmen werden, um auf den Abschuss eines russischen Militärflugzeugs und den Tod seiner Besatzung von 15 Personen zu reagieren, lassen sich jetzt erkennen.
Lieferung von Luftabwehrraketen
Das russische Verteidigungsministerium hat seine Version, nach welcher die Israelischen Angriffe auf Ziele bei Lattakiya den irrtümlichen Abschuss des Flugzeugs durch die syrische Luftabwehr mindestens mitbewirkt haben, nicht dementiert, obgleich Putin eine mildere Sicht der Vorgänge vorschlug, als er erklärte, es handle sich um eine Verkettung von tragischen Umständen. Die hohe israelische Luftwaffendelegation unter der Führung des Chefs der israelischen Luftwaffe, die Moskau besuchte, um die Vorfälle abzuklären, konnte nicht bewirken, dass die russischen Anklagen gegen Israel öffentlich zurückgenommen wurden.
Moskau erklärte, Russland werde Syrien innerhalb der nächsten Tage Luftabwehrraketen vom Typ S-300 liefern. Solche Raketen waren den Syrern von Moskau schon im Jahre 2010 versprochen worden, also noch vor dem Ausbruch des gegenwärtigen Bürgerkrieges. Doch Russland hatte sie nie geliefert. Der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu, erklärte nun, die Lieferungen seien nie zustande gekommen, weil Israel sich dagegen aussprach. Nun aber sollen diese Raketen innerhalb der nächsten zwei Wochen an Syrien geliefert werden. Nach Schoigu haben sie eine Reichweite von 250 Kilometern und können mehre Ziele auf einmal zerstören.
Elektronische Störmassnahmen
Russland, so sagte der Verteidigungsminister auch, werde Flugzeuge, die vom Mittelmeer aus Syrien angriffen, elektronisch in ihren Kommunikationen stören. „Wir sind überzeugt“, sagte der Verteidigungsminister, „dass diese Massnahmen die Hitzköpfe abkühlen und verhindern werden, dass unüberlegte Handlungen unsere Soldaten bedrohen. Im entgegengesetzten Fall werden wir in angemessener Form reagieren.“
Das bestehende Kontakttelefon zwischen Israel und den Russen wurde nicht erwähnt. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass Russland versuchen wird, strengere Regeln bei diesen telefonischen Kontakten einzuführen, beispielsweise eine minimale Frist, innerhalb derer die israelische Seite zu melden hat, dass eine Aktion der Israelis in Syrien, gegen iranische Truppen, Waffentransporte oder Waffendepots stattfinden werde. Diese Zeitgrenzen sind von Gewicht. Wenn es längere Warnfristen gibt, können die Russen den Syrern mitteilen, wo der nächste israelische Schlag erfolgen wird. Damit würden sie den Israelis den Vorteil der Überraschung nehmen.
Der Irankrieg in Syrien wird risikoreicher
Dass die russischen Massnahmen Israel dazu zwingen könnten, seine Politik der Militäraktionen gegen Iran in Syrien aufzugeben, ist unwahrscheinlich. Doch sobald die syrische Luftabwehr die neuen Raketen erhält und ihre Ausbildung, um sie zu gebrauchen, abgeschlossen hat, dürfte es für die israelische Luftwaffe gefährlicher werden als bisher, vom syrischen oder libanesischen Luftraum aus gegen die iranischen Truppen, Waffentransporte und Rüstungsfabriken in Syrien vorzugehen.
Die russischen Schritte bedeuten auch, dass das Verhältnis zwischen Russland und Israel angespannter werden dürfte. Beide Seiten haben kein Interesse daran, einen Konflikt mit der Gegenseite vom Zaun zu brechen. Doch er wird schwer zu vermeiden sein, wenn ein Luftkrieg zwischen Israel und Syrien ausbricht. Besonders gefährlich wird ein derartiger Luftkrieg natürlich, wenn dabei weitere russische Militärs, etwa russische Ausbilder der syrischen Luftabwehr, mit zu den Opfern gehören.
Russisch bediente S-300 gibt es zur Zeit in Syrien im Vorfeld der russischen Luftbasis von Khmeynim. Auf Khmeynim selbst stehen auch Luftabwehrraketen des höchst entwickelten Typs S-400. Es ist dieser Typ, den die Russen der Türkei – sehr zum Missfallen der Nato, zu der die Türkei nach wie vor gehört – zugesagt haben.