Vor zwei Tagen ging diese Nachricht durch die Medien, da und dort auch leicht ironisch kommentiert. Der 19. Juni war offenbar der Tag des unterirdischen Lebens und Agroscope hat öffentlichkeitswirksam dazu eingeladen, auf einem Acker eine Unterhose zu vergraben, um so die Wirkung der Artenvielfalt unserer Böden zu erleben.
Es gehe darum, die verborgene, aber nützliche Artenvielfalt im Boden sichtbar zu machen und zu zeigen, wie die «unterirdische» Biodiversität zu fruchtbarer Erde und einer nachhaltigen, produktiven Landwirtschaft beitrage, schreibt der Bund. In einem Langzeitversuch untersuche die Forschungsanstalt die Auswirkungen unterschiedlicher Bewirtschaftungssysteme auf den Boden.
Die Idee war jedenfalls genial insofern, als für einmal viele Berichte entstanden und auf den Boden sowie auf seine Bedeutung als lebendiger Organismus hingewiesen wurde. Natürlicher Boden ist selten ein Thema in den Medien.
Die praktische Seite dieses Vorhabens muss allerdings auch kurz beleuchtet werden. Wer verfügt schon über einen Acker, auf dem eine alte Baumwoll-Unterhose vergraben werden könnte? Bei den wenigen noch verbleibenden Bauernbetrieben in unserem Land ergibt das nicht gerade berauschend grosse Zahlen. Wer pflegt denn einen Garten, in welchem eine solche Unterhose verscharrt werden kann? Da wären sicher wesentlich mehr Leute, beziehungsweise Kinder, interessiert, denn die Aktion richtete sich medienwirksam an Schulkinder.
Ein Garten ist aber kein Acker; der Boden eines Blumen- oder Ziergartens, bestenfalls eines Gemüsegartens kann eigentlich nicht mit einem Ackerboden verglichen werden. Die Artenvielfalt dürfte in vielen Kleingärten wesentlich grösser sein, zumindest wenn die Besitzer oder Nutzerinnen Gemüse anbauen und gar Kompostwirtschaft betreiben. Deren Unterhosen dürften bald einmal bis auf den Gummistrip zersetzt werden, während dieselbe in einem nach üblichen landwirtschaftlichen Methoden bewirtschafteten Acker möglicherweise immer noch intakt bliebe.
Es bleibt also abzuwarten, was Agroscope in zwei Monaten zur Abbaurate der schweizerischen Unterhosen herausfindet und ob wissenschaftlich begründbare Unterschiede festgestellt werden können. Es seien im übrigen saubere Unterhosen zu vergraben; sonst ist der Versuch ja bereits ein wenig gestört. Denn gebrauchte Unterhosen bringen schon eine „gewaltige Ladung“ an Mikroorganismen, speziell Bakterien mit; zudem enthalten sie auch Spuren von Kot, Schweiss und Urin; letzterer enthält bekanntlich Harnstoff, ein wertvoller Dünger in der Land- und Gartenwirtschaft. Die Hypothese würde lauten: je dreckiger die Unterhose, desto schneller der Abbau.
Genug der Ironie: Es wird in einem späteren Beitrag auf die Bedeutung des Bodenlebens und auf den Zusammenhang mit der Bodenfruchtbarkeit einzugehen sein. Das Thema ist in der Tat wichtig, sogar sehr wichtig für uns Menschen, die wir tagtäglich davon abhängig sind, dass Lebensmittel in genügender Menge und in bestmöglicher Qualität produziert und uns zur Verfügung gestellt werden. Die Landwirtschaft, respektive der von ihr bewirtschaftete Boden, hat – so gesehen – zentrale Bedeutung für uns alle. Ihr und ihm muss man Sorge tragen, Unterhosen hin oder her!