Am 4. Juli sind es 243 Jahre her, seit Amerikas Gründerväter in Philadelphia die von Thomas Jefferson entworfene Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet haben. Besonders in Washington DC geht der Nationalfeiertag stets mit viel Pomp über die Bühne. Doch viel genügt Donald Trump nicht. Der Präsident will mehr, viel mehr.
Seit er vor zwei Jahren als Gast Emanuel Macrons in Paris die Militärparade auf den Champs-Élysées zur Erinnerung an den 14 Juillet gesehen hat, will er für seinen «Salute to America» einen Anlass ähnlicher Grössenordnung. Mit krachendem Feuerwerk, donnernden Militärjets und – eine Premiere – schweren Kampfpanzern. Um jeden Preis, zumindest für den Steuerzahler.
Am 6. Juli wollen die «Proud Boys», eine Bewegung selbsterklärter «westlicher Chauvinisten», und alliierte Rechtsextreme auf der Freedom Plaza in DC mit einem «Rally for Free Speech» Donald Trump ihrer Unterstützung versichern. Das Vorbild für die Versammlung: die «Trumpstravaganza» vom 4. Juli. Gleichzeitig dürften Antifaschisten und andere Demonstranten gegen das Treffen der «Proud Boys» demonstrieren. Zusammenstösse unweit des Weissen Hauses sind programmiert.
Derweil war es am 28. Juni ein Jahr her, seit Jarod Ramos, ein verärgerter Leser, auf der Redaktion der «Capital Gazette» in Annapolis (Maryland) fünf Menschen erschossen hat: Gerald Fishman, Rob Hiaasen, John McNamara, Rebecca Smith und Wendi Waters. Das Attentat auf die Tageszeitung, als «brutalste Form versuchter Zensur» bezeichnet, ist in den USA und auch anderswo zum Symbol einer bedrohten Pressefreiheit geworden. Dies in einer Zeit, da Donald Trump und andere Autokraten Journalisten ungestraft als «Volksfeinde» und deren Erzeugnisse als «Fake News» beschimpfen.
Und Amerikas Präsident kann es nicht lassen. Als Donald Trump jüngst in Osaka anlässlich des Gipfels der G20 Vladimir Putin traf, scherzte er beim Pressetermin mit dem russischen Präsidenten auf Kosten der Journalisten: «Werdet sie los. Fake News ist ein toller Begriff, nicht wahr?», sagte Trump: «Sie haben dieses Problem in Russland nicht, aber wir haben es.» Worauf Putin auf Englisch antwortete: «Wir es auch haben. Es ist dasselbe.» Worüber beide Staatsmänner kurz lachten. Seit Putins Machtübernahme 1999 sind gemäss dem Committee to Protect Journalists (CPJ) in Russland 26 Journalisten ermordet worden.
Amüsant fand Donald Trump beim Rendez-vous in Japan auch die Frage einer Reporterin, ob er den russischen Präsidenten auffordern werde, sich 2020 nicht in die US-Präsidentenwahlen einzumischen. «Natürlich werde ich das tun», antwortete Trump und sagte unvermittelt zu Putin: «Mischen Sie sich bitte nicht in die Wahlen ein!» Und wiederholte die Aufforderung, wobei er spielerisch mit Zeigfinger wedelte. Der Russe und US-Aussenminister Mike Pompeo lächelten beide breit.
Auch vor seinem dritten Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un Ende vergangener Woche attackierte der amerikanische Präsident die Medien. Er bestritt die weit verbreitete Einschätzung, seine Kontakte zu Nordkorea hätten bisher nicht viel gebracht: «Ich hasse es, wenn die Medien der Öffentlichkeit falsche Informationen übermitteln, indem sie fragen ‘Oh, was ist erreicht worden? Was hat sich getan?’ Eine Menge hat sich getan.»
Trotz Nordkoreas Tests von Kurzstreckenraketen habe es, konterte Donald Trump, seit seinem ersten Treffen mit Kim immense Fortschritte gegeben: «Lediglich die Fake News behaupten, es habe die nicht gegeben.» Dafür gab es für den US-Präsidenten beim Besuch der demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea eine schwarze Golfjacke als Geschenk. Laut dem Golf News Net hat der Präsident seit seiner Vereidigung 199 Mal Golf gespielt, was rund einen Fünftel seiner Tage im Amt in Anspruch nahm und die Nation über 100 Millionen Dollar kostete.
Donald Trump ist, es sei zugegeben, wie eine lästige Infektion. Wann immer einer glaubt, sie unter Kontrolle zu haben, flammt sie erneut auf. Und der Vorsatz, zur Abwechslung nicht über ihn zu schreiben, bleibt blosse Makulatur. Helfen würde vielleicht völlige Nachrichtenabstinenz, was aber auch kein valables Rezept ist.
Der «Trump bump» – das Phänomen, wonach die Medien von den Extravaganzen, Fehltritten und Übergriffen des amerikanischen Präsidenten dank erhöhter Abonnentenzahlen und Einschaltquoten profitieren – hat auch einen Preis. Unter Umständen stärkt er Donald Trump, obwohl etliche Journalistinnen und Journalisten insgeheim hoffen, ihre flächendeckende Berichterstattung würde ihn politisch schwächen. Es wäre, was die US-Geheimdienste «blowback» zu nennen pflegen: die unbeabsichtigten Folgen einer verdeckten Operation.