Im Wahlkampf hatte Trump versprochen, dass er als Präsident für den Ukrainekrieg schon in 24 Stunden eine Lösung durchsetzen werde. In seiner Inaugurationsrede aber hat er über die Ukraine kein Wort verloren. Nun fordert er Putin per Social Media-Post auf, endlich einen Deal abzuschliessen. Was die überfallene Ukraine dazu zu sagen hat, scheint ihn bisher nicht zu interessieren.
Es war kein gutes Zeichen, dass Trump den ukrainischen Präsidenten Selenskyj nicht zu seiner Inaugurations-Gala am Montag in Washington DC eingeladen hat – anders als etwa seine Gesinnungssympathisanten Meloni und Milei. Auch in seiner Inaugurationsrede, in der er mit viel rhetorischem Pomp seine politischen Prioritäten ausbreitete, kam das Stichwort Ukraine nicht vor. Das erweckte bei manchen Beobachtern den Eindruck, dass der Ukrainekrieg, den er im Wahlkampf schon am ersten Tag seiner Präsidentschaft beenden wollte, für ihn nicht als vordringliches Thema in seiner Agenda figuriert.
«Stoppen Sie diesen lächerlichen Krieg!»
Nur einige Tage vor seiner Amtseinsendung hatte Trump allerdings noch fragwürdigere Signale zum Ukrainekonflikt anklingen lassen. Er könne verstehen, hatte er verlauten lassen, dass Russland über einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine schwer besorgt sei. Das tönte ähnlich wie die Behauptungen der Putin-Propagandisten, die verkünden, dem Kreml sei gar nichts anderes übriggeblieben, als die Ukraine zu überfallen – obwohl deren Nato-Beitritt gar keine Tatsache war.
Am Mittwoch, zwei Tage nach seiner Amtseinsetzung, schlug Trump zu diesem Thema dann wieder andere Töne an. In einer Botschaft von zwölf Sätzen auf seiner eigenen Internetplattform Truth Social forderte er den Kremlchef Putin mit folgenden Worten und gespickt mit Grossbuchstaben dazu auf, unverzüglich einen Deal zum Ukrainekrieg abzuschliessen: «Stoppen Sie diesen lächerlichen Krieg! Es wird alles nur schlimmer. Lasst uns diesen Krieg, der nie begonnen hätte, wenn ich damals Präsident gewesen wäre, hinter uns lassen! Wir können das auf einfache Weise machen oder auf die harte Tour – aber der einfache Weg ist immer besser. Es ist Zeit für einen Deal!»
Was das alles konkret heissen soll und wie sich Trump einen solchen Deal inhaltlich vorstellt, bleibt vorerst völlig undurchsichtig. Seine bisherigen Versprechungen, Aufforderungen und Andeutungen über einen schnellen Handel zur Beendigung des mörderischen Ukrainekrieges ergeben zusammen ein unentwirrbares «Nest von Widersprüchen» – eine Formulierung, die der Historiker Golo Mann einst benutzt hat, um die fatalen Verstrickungen des ambitiösen Feldherrn Wallenstein im Dreissigjährigen Krieg zu beschreiben.
Trump und Putin im Alleingang?
In Moskau dürfte man die ultimative Forderung Trumps, sofort einen Handel oder Deal zum Abschluss des seit drei Jahren laufenden Überfalls auf die Ukraine zu vereinbaren, zunächst eher pikiert aufgenommen haben, obwohl der neue US-Präsident in seinem burschikosen Post gleichzeitig betonte, er habe immer eine gute Beziehung zu Putin gehabt. Allerdings würde er, fügte Trump weiter hinzu, Russland mit noch höheren Sanktionen und Importzöllen belasten, falls Moskau nicht subito Hand zu einem Ukraine-Deal bieten sollte. Von der Möglichkeit einer massiven Erhöhung der amerikanischen Waffenlieferungen an die Ukraine, von der er im Wahlkampf auch gesprochen hatte, war jetzt aber nicht mehr die Rede.
Trump erweckt damit den Eindruck, als ob eine akzeptable Lösung für den Ukrainekrieg allein von ihm und Putin abhänge. Alle anderen Parteien, in erster Linie natürlich die Ukraine selbst, werden in seinen Stellungnahmen zu diesem Thema mit keinem Wort erwähnt. Auch das ist ebenso wenig ein ermutigendes Signal für die Interessen des kriegsgeplagten Landes wie die Nichteinladung Selenskyjs zur Inaugurationszeremonie in Washington. Falls Trump in nächster Zeit diesen Eindruck nicht korrigiert, dass ihn die Meinung und die Bedingungen Kiews für eine Friedenslösung kaum kümmern, wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unerfreulichen Spannungen innerhalb des Nato-Bündnisses und mit der ukrainischen Regierung führen.
Putin wiederum hätte einigen Grund, sich die Hände zu reiben, wenn der neue Präsident im Weissen Haus sich darauf einlässt, für den Komplex des Ukrainekrieges mehr oder weniger exklusiv einen Kuhhandel zwischen den beiden Grossmächten anzustreben und die Stimme des Hauptbetroffenen nur als Nebengeräusch zu dulden. Falls Trump eine derartige Regie anstrebt und unterstützt, würde er auf ein Handlungs- und Denkmuster einschwenken, das demjenigen des autokratischen Machthabers im Kreml zweifellos entgegenkäme.
Soweit muss es aber nicht unbedingt kommen. Trump scheint zwar laut jüngsten Äusserungen entschlossen, sich in nächster Zeit mit Putin zu treffen und mit ihm über einen sogenannten Deal zum Ukrainekrieg zu verhandeln. Bis die einzelnen Bedingungen und Regeln für einen eventuellen Handel und dessen Konsequenzen für die Ukraine sich genauer abzeichnen, bleiben Trumps Vorstellungen von einem Ende des Ukrainekrieges ein Nest von Widersprüchen.