Unter den einzigen, die von Donald Trumps Präsidentschaft uneingeschränkt profitieren, sind Amerikas TV-Satirikerinnen und -Satiriker. Nacht für Nacht oder Woche für Woche persiflieren sie einen Commander-in-Chief, der – zugegeben! – ein leichtes Ziel abgibt, von seinem Äussern mit dem einzigartigen Haarkonstrukt bis hin zu seinen inkohärenten Äusserungen bei Pressekonferenzen. Satirische Nebenschäden treffen Trumps Stab wie etwa Beraterin Kelleyanne Conway, die Erfinderin „alternativer Fakten“, oder Pressesprecher Sean Spicer, der den schwierigen Job hat, zu verteidigen, was sich nicht verteidigen lässt.
Im Element war der 45. US-Präsident letzte Woche während eines 77-minütigen Solo-Auftritts im Weissen Haus, als er wiederholt die Medien aufs Übelste beschimpfte, oder beim Besuch einer Flugzeugfabrik in South Carolina, als er zum Thema Flüchtlinge und Terrorgefahr etwas Schlimmes erwähnte, das sich tags zuvor in Schweden ereignet hatte: „Schweden, hätten Sie das für möglich gehalten?“ Dumm nur, dass die Skandinavier nichts von einem Attentat in ihren Grenzen wussten. „Schweden? Terroranschlag? Was hat er geraucht? Fragen über Fragen“, schrieb Ex-Premier Carl Bildt auf Twitter.
Trotzdem werden in amerikanischen Medien neuerdings Stimmen laut, die finden, die heimische Satire fahre gelegentlich zu schweres Geschütz gegen Donald Trump und seine Entourage auf. Als Beispiel nennen sie einen Sketch der Sendung „Saturday Night Live“ (SNL) des Fernsehsenders NBC. In Anlehnung an den Film „Fatal Attraction“ zeichnet der Sketch Kellyanne Conway als verführerischen Vamp, der alles versucht, um die Aufmerksamkeit der Medien zu erregen. Solche Satire sei frauenfeindlich, hiess es, und die Trump-Beraterin sei zudem Mutter von vier Kindern. Ganz so, als wäre Frau- und Muttersein eine Lizenz zum böswilligen Verdrehen von Fakten.
„Was darf Satire?“ hat Kurt Tucholsky 1919 im „Berliner Tagblatt“ gefragt. Seine Antwort: „Alles.“ Heute im Zeitalter politischer Korrektheit („man/frau“), religiöser Empfindlichkeit („Charlie Hébdo“) und persönlicher Dünnhäutigkeit (Recep Tayyip Erdogan) wird diese Absolutheit auch juristisch relativiert. „Boshaft kann er (der Witzereisser) sein, aber ehrlich soll er sein“, fordert Tucholsky: „Das ist kein rechter Mann und kein rechter Stand, der nicht einen ordentlichen Puff vertragen kann.“
Einigkeit besteht in der Gesellschaft inzwischen wohl darüber, dass Satire ihre Ziele von unten anvisieren und dass sie Mächtige, nicht aber Wehrlose lächerlich machen soll. Beide Voraussetzungen sind im Falle Trumps, des mächtigsten Mannes der Erde, gegeben. Der Egomane ist alles andere als wehrlos und teilt ohne Bandagen gegen alle aus, die ihm missfallen – gegen Bürgerrechtler, Demokraten, Frauen, Journalisten, Muslime, Richter. „Er mag sich mit denselben Mitteln dagegen wehren, er mag widerschlagen“, gesteht Kurt Tucholsky einem von Satire Betroffenen zu: „Aber er wende nicht verletzt, empört, gekränkt das Haupt.“ Genau das aber tut Donald Trump und dafür bestraft ihn die Satire. Wie sagt der deutsche Aphoristiker Manfred Hinrich? „Grossmaul reimt sich auf Kleingeist.“