Glaubt man dem „Blick“, fehlte Nationalrat Köppel in der abgelaufenen Legislaturperiode bei über tausend Abstimmungen. Der „Absenzenkönig“ sieht da kein Problem. Er fehle, wenn sich das Parlament nur mit sich beschäftige. Er sei eben kein „Araldit-Politiker“, der am Sessel klebe, um Sitzungsgelder zu kassieren.
Müssen sich jene, die Köppel vor vier Jahren gewählt haben, nicht etwas düpiert vorkommen? Sie haben ihm mit ihrer Wahl den Auftrag gegeben, sie im Parlament zu vertreten. Und diesen Auftrag nimmt er nur teilweise wahr.
Seltsam auch: Da kandidiert einer fürs eidgenössische Parlament, von dem er wenig hält. Wieso kandidiert er dann für dieses Parlament? Wieso betreibt er nicht nur aussenparlamentarische Opposition (APO)?
Köppel mag sich zu Höherem berufen fühlen, die mühselige parlamentarische Kleinarbeit behagt ihm offenbar nicht. Das ist ein Affront für all jene Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die den Wählerauftrag ernst nehmen. Dazu gehören viele SVP-Politiker, die zusammen mit den anderen Parteien in teils langwieriger, komplizierter Detailarbeit versuchen, unser Land weiterzubringen. Mit diesem System, mit diesem Verständnis von Demokratie, sind wir in der Schweiz doch recht gut gefahren. Man blicke auf andere Länder.
Köppel argumentiert ganz im Sinne seines Ziehvaters Christoph Blocher, der den Parlamentsbetrieb als „Schwatzbude“ bezeichnet hat. Das ist eine Verhöhnung unseres Parlaments und damit eine Verhöhnung unseres schweizerischen Demokratieverständnisses. Warum sass Blocher dann 27 Jahre lang in dieser Schwatzbude?
Vielleicht sollte man Köppel und Blocher einmal fragen: Was ist denn die Alternative zu dieser Schwatzbude? Sicher wollen beide nicht soweit gehen wie der von Köppel hofierte Steve Bannon, der sagt: „Lenin wanted to destroy the state, and that’s my goal too. I want to bring everything crashing down, and destroy all of today’s establishment.“
Grund für seine Absenzen in Bern, sagt Köppel, sei unter anderem Zeitmangel, weil er auf Wahlkampf-Tournee ist. Ist das nicht pervers? Er hat keine Zeit, im Parlament zu sitzen, weil er Wahlkampf macht, um in diesem Parlament zu sitzen, das er verachtet und in dem er dann oft doch nicht sitzt.
Les absents ont tort. Wer nur schwadroniert und hetzt, aber nicht dabei ist, der verändert auch nichts – obwohl er seinen Wählern und Wählerinnen vorgaukelt, etwas verändern zu wollen. Will er überhaupt etwas verändern? Oder will er nur eine populistische Strömung bewirtschaften und sich in Szene setzen?
Da tingelt einer durch alle Zürcher Gemeinden, um ins eidgenössische Parlament gewählt zu werden – und wenn er dann gewählt ist (oder wäre), kehrt er diesem Parlament oft den Rücken. Man könnte das als hochmütig bezeichnen.
Mit seiner Kandidatur verwehrt Köppel einem anderen Politiker den Platz im Parlament – einem Politiker, der nicht nur im Scheinwerferlicht stehen will und der sich vielleicht nicht zu schade wäre, auch mühsame politische Kleinarbeit zu leisten – ganz im Dienste für unser Land.