Die Palästinenser befinden sich in einem eisernen Käfig territorialer und politischer Natur, seitdem sie in der Hoffnung auf einen eigenen Staat im Westjordanland im Jahre 1993 Israel als einen Staat anerkannt haben, mit dem sie gewillt seien, friedlich zusammenzuleben.
Statt diesen erhofften Staat zu erhalten, wurden sie in einen eisernen Käfig gesperrt, welchen die Israeli und die Amerikaner gemeinsam konstruiert haben. Er besteht territorial daraus, dass die Israeli alle Grenzen des palästinensischen Territoriums kontrollieren- sowohl in Gaza wie um die Westjordanterritorien herum. Es hängt von ihrem Gutdünken ab, wer unter welchen Bedingungen in diese Gebiete einreisen und wer sie unter welchen Voraussetzungen verlassen darf.
Politische Stillsetzung
Politisch wird der Käfig dadurch verfestigt, dass den Palästinensern von amerikanischer und von israelischer Seite erklärt wird, sie müssten sich mit den Israeli verständigen, bevor sie einen eigenen Staat bilden könnten. Doch die Israeli sorgen dafür, dass eine solche Verständigung nicht zustande kommt.
Der Käfig hat darüber hinaus noch die besondere Eigenschaft, dass er sich langsam aber stetig verengt. Dies geschieht dadurch, dass die Israeli durch den Bau von israelischen Siedlungen auf palästinensischem Territorium, Schritt für Schritt immer mehr Teile dieses Territoriums durch ihre eigenen Siedler in Besitz nehmen und die Palästinenser aus diesen Gebieten ausschliessen.
Verhandeln über schwindendes Territorium
Die Amerikaner treten offiziell als Garantiemacht der Verträge auf, in deren Rahmen die Einsperrung der Palästinenser erfolgt. Sie bestehen darauf, dass die Palästinenser sich nur aus der israelischen Zange befreien könnten, indem sie mit Israel verhandeln.
Die israelischen Unterhändler jedoch sorgen durch Forderungen, die für die Palästinenser faktisch das Ende von ihrem Traum eines eigenen Staates bedeuten, dafür, dass die Verhandlungen nicht zu einem Abschluss gelangen. Sie bewirken durch die stets fortschreitenden Siedlungen darüber hinaus, dass das Gebiet, auf dem der palästinensische Staat entstehen sollte, immer mehr dahinschmilzt, so dass ein künftiger lebensfähiger Staat dort immer unmöglicher wird.
"Kein Staat für die Palästinenser"
Seit dem Jahr 2001, als Ariel Sharon Ministerpräsident von Israel wurde, erklären die israelischen Rechts-Regierungen offen, es sei ihr Ziel, das Entstehen eines palästinensischen Staates zu verhindern. Dieses Ziel verfolgen sie systematisch, indem sie Siedlungen auf dem palästinensischen Territorium bauen und indem sie in Verhandlungen, sobald und sooft diese zustande kommen, den Palästinensern weniger als ein eigenes Staatswesen anbieten, nämlich "Bantustans". Das heisst mehr oder weniger autonome, jedoch von Israel voll eingekreiste und voneinander abgetrennte inselhafte Teile der Westjordangebiete plus ein von Israel eingekreistes, isoliertes und abgeschnürtes Territorium von Gaza.
Diese angebotenen "Bantustans" fallen zusammen mit den Bevölkerungsschwerpunkten der Palästinenser, so dass deren grosse Masse Gefahr läuft, dort eingesperrt, eingekreist, isoliert, belagert und je nach politischer Opportunität "bestraft" und mehr oder weniger ausgehungert zu werden, wie Israel dies in der Behandlung des Gaza-Streifens bereits in extenso vorführt.
Ein diplomatischer Ausbruchsversuch
Der Versuch der PLO Regierung, die Uno zur Anerkennung eines Palästinensischen Staates in den von Israel seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten zu bewegen, ist als ein Versuch anzusehen, aus diesem diplomatischen Käfig auszubrechen. Indem die Amerikaner den Ausbruch mit einem Veto im Sicherheitsrat zu verhindern drohen, helfen sie Israel, den Käfig geschlossen zu halten.
Doch die Zulassung Palästinas als Mitgliedstaat bei der Unesco mit Billigung von 107 Staaten und Stimmenthaltung von 52 gegen die Ablehnung durch 14, wobei es kein Veto gibt, bildet einen ersten Teilerfolg der palästinensischen Strategie, die darauf abzielt, möglichst viele Regierungen dazu zu bewegen, das Recht der Palästinenser anzuerkennen, in den besetzten Gebieten einen eigenen Staat zu bilden.
Ringen um weitere Zweigorganisationen
Die Palästinenser wollen jetzt auch ihre Anerkennung in anderen der insgesamt 16 Zweigorganisationen der Uno erreichen. Die USA und Israel versuchen ihrerseits, Gegenmassnahmen zu treffen. Washington zieht seine Beiträge zur Unesco zurück und droht, dies auch bei allen anderen Zweigorganisationen der Uno zu tun, die Palästina als Vollmitglied aufnehmen. Washington schliesst sich dadurch auch selbst von der Mitgliedschaft bei diesen Organisationen aus. Obama hat keine andere Wahl. Denn es existiert ein Gesetz, das im amerikanischen Kongress schon in den 90er Jahren gewissermassen präventiv eingebracht wurde, Es schreibt vor, dass die USA alle Organisationen der UNO verlassen, welche Palästina als Staat anerkennen, sofern dies geschieht, bevor die Israeli und die Palästinenser übereingekommen seien, einen palästinensischen Staat zuzulassen.
"Strafen" der Israeli
Die Israeli haben ebenfalls "Strafmassnahmen" für die PLO angekündigt. Sie erklären, sie würden sofort 2000 weitere Siedlungseinheiten in Ostjerusalem bauen (vermutlich hätten sie dies ohnehin, auch ohne "Strafe", getan) und ausserdem wollen sie die palästinensischen Steuergelder und Sozialbeiträge "einbehalten", die sie nach den geltenden Verträgen der PLO schulden. Denn sie ziehen diese von palästinensischen Arbeitern ein, die in Israel arbeiten, aber in den Besetzten Gebieten wohnen. Es handelt sich hier um Millionenbeträge, die beinahe die Hälfte der Einnahmen der PLO-Regierung ausmachen. Das Wort "einbehalten" ist in diesem Fall nichts anderes als eine Beschönigung des Begriffes "stehlen".
Ob sich die Palästinenser durch die israelischen und die Mehrheit der UNO-Staaten durch die amerikanischen Strafmassnahmen beeindrucken lassen, wenn es um die Mitgliedschaft bei weiteren Zweigorganisationen der Uno gehen wird, bleibt abzuwarten.
Was bringt diese Anerkennung?
Für die PLO-Regierung sind die Aufnahme in die UNESO und die erhoffte Mitgliedschaft bei weiteren Zweigorganisationen der Uno von Gewicht, weil sie den Willen einer grossen Mehrheit von Staaten belegte, den Palästinensern aus ihrer Zwangslage herauszuhelfen und die Bildung eines eigenen, von Israel unabhängigen Staates zu fördern.
Die Fachleute diskutieren darüber, ob ein solchermassen von Zweigorganisationen der UNO anerkannter Palästinenserstaat in der Lage wäre, Israel wegen Menschenrechtsvergehen auf palästinensischem Territorium vor dem Internationalen Gersichtshof in Den Haag anzuklagen, obwohl Israel nicht ein Mitglied dieser Gerichtsbarkeit ist. Im Falle von Libyen war das Gericht von sich aus zur Anklage geschritten, obwohl Libyen nicht zu den Unterzeichnern der den Gerichtshof betreffenden Verträge gehörte.
Die Iranfrage neben Palästina
Neben dem seit vielen Jahrzehnten andauernden Ringen mit den Palästinensern um die Herrschaft über die Besetzten Gebiete hat die israelische Politik noch eine zweite weltpolitisch bedeutende Komponente in der Frage der iranischen Atombewaffnung. Israel erscheint eisern entschlossen, das Atomwaffenmonopol im Nahen Osten, das dieses Land seit langem besitzt, aufrecht zu erhalten und auf jeden Fall zu verhindern, dass Iran eine Atomwaffe entwickelt. Es ist jedoch ungewiss, ob die israelische Luftwaffe alleine dazu in der Lage wäre, ein iranisches Atomprogramm dauerhaft zu beenden. Was die kriegerischen und politischen Folgen eines israelischen Präventivschlages gegen Iran bedeuten würden, ist ebenfalls höchst ungewiss.
Israel möchte aus diesen Gründen am liebsten mit Zustimmung der Amerikaner und vielleicht mit mehr oder weniger diskreter Hilfe der USA handeln. Grünes Licht aus Washington scheint Tel Aviv jedoch bisher nicht erhalten zu haben. In der vergangenen Woche hat Israel gemeinsam mit Italien in grosser Distanz Luftmanöver durchgeführt.
Iran-Boykott als Waffe der Amerikaner
Die Amerikaner hoffen vorläufig darauf, dass ein verschärfter Boykott gegen Iran zur Verlangsamung der Fortschritte beim vermuteten Bau einer Atombombe mithelfen oder sogar Iran zum Verzicht auf eine Atombewaffnung und zur Zulassung von genaueren Inspektionen durch die Atombehörde veranlasst. Vielleicht hat das seltsame, offensichtlich durch eine Provokation von amerikanischer Seite, "sting action" genannt, ans Tageslicht gebrachte angebliche Komplott von vermuteten iranischen Agenten gegen den saudischen Botschafter in Washington, über das in der vergangenen Woche berichtet wurde, mit Versuchen der Amerikaner zu tun, Teheran international anzuschwärzen, um mehr Mithilfe bei dem Boykott Irans, etwa durch die europäischen Staaten, zu erlangen.
Einen vom Sicherheitsrat verhängten Boykott verhindert die Haltung der Russen und Chinesen. Doch jedenfalls glauben die wenigsten Beobachter, dass ein Boykott von Seiten der Amerikaner und anderer westlicher Staaten Iran dazu zwingen könnte, sein vermutetes Streben nach atomarer Bewaffnung aufzugeben.
Ein Iran Krieg mit Wirkung auf Alle?
Das alles führt zur Frage zurück: Werden die Amerikaner, falls sich die iranischen Absichten genauer abzeichnen sollten, den Israeli Grünes Licht für ein Einschreiten gegen Iran geben? Und was werden sie zusätzlich an Unterstützung durch die USA erhalten?
Wenn die Iran-Frage aus dem Hintergrund des Geschehens in den Vordergrund der diplomatischen Aktivität und möglicher Kriegsvorbereitungen und Präventivschläge rückte, würden die gegenwärtigen diplomatischen Schritte der PLO- Regierung weitgehend in den Hintergrund gedrängt. Iran würde versuchen, sein kriegerisches Potential gegen Israel einzusetzen. Dieses Potential beruht primär auf den Aktivistengruppen von Hizbullah in Libanon und Hamas in Gaza. Die heutigen diplomatischen Manöver würden durch kriegerische und Guerillaaktionen abgelöst.
Die Hoffnungen der Palästinenser auf einen eigenen Staat würden von den diplomatischen Gleisen einmal mehr auf die kriegerischen umgeleitet. Die PLO Regierung würde vor die Wahl gestellt, sich entweder selbst zu radikalisieren oder radikaleren Konkurrenten, wie sie schon heute durch Hamas gegeben sind, das Gesetz des Handelns zu überlassen.