Was war im Vorfeld der Bürgenstock-Konferenz geschnödet worden. «Wie naiv ihr doch seid, ihr kleinen Schweizer.» Und: «So wird man keinen Frieden erreichen.» Und: «Ja, ihr Gutmenschen, ihr Zwerge aus den Bergen!» Und: «Ohne Putin wird es keinen Frieden geben!» Und: «Viel Tamtam und Symbolpolitik für nichts.»
Keine der fast hundert Delegationen war so naiv, um an einen schnellen Frieden zu glauben. Doch die Grosskundgebung auf dem Bürgenstock muss Putin zu denken geben.
Wohl nie in den letzten Jahren war es gelungen, derart viel politische Prominenz um einen Tisch zu versammeln: Fast hundert Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, Minister, hochrangige Diplomaten und Diplomatinnen. Einige kamen aus Ländern, die Putin gar nicht so abgeneigt sind. Der indische Aussenminister war da, der saudische auch.
Diese geballte Ladung an Prominenz war eine Demonstration gegen den Kreml-Diktator. Die Botschaft ist klar: «Putin, so nicht! Hör endlich auf mit diesem völkerrechtswidrigen Krieg, mit deinen Kriegsverbrechen und deinen Lügen!»
Natürlich ist das Symbolpolitik, doch Symbole können sehr wichtig sein. Selenskyj jedenfalls reist gestärkt vom Bürgenstock ab. Hunderte Medienvertreter haben in die Welt hinausposaunt, dass der ukrainische Präsident von einem überwiegenden Teil der politischen Weltelite unterstützt wird. Welchem Politiker war das je gelungen?
Die Konferenz ist auch ein Erfolg für die Schweiz, für die Bundespräsidentin, für den Aussenminister. Den «Zwergen aus den Bergen» ist es gelungen, mit vortrefflicher Organisation ein weltweites Forum zu schaffen, das keinen schnellen Frieden bringen wird, aber vielleicht das Terrain dazu ein wenig vorbereitet. Wie sagte der finnische Präsident: «Wenn man nicht über Frieden spricht, wird es keinen Frieden geben.» Der Schweiz, die wegen ihrer aus der Zeit gefallenen Neutralitätspolitik international immer mehr in Verruf gerät, tut dieser Erfolg gut. Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater der USA, gratuliert der Schweiz zur Durchführung des Gipfels. Dieser sei ein «Riesenerfolg».
Natürlich war zu erwarten, dass die Schlusserklärung wenig konkret ist. Das ist bei allen anderen internationalen Konferenzen nicht anders. Aber das ist in diesem Fall unwichtig. Wichtig ist, dass fast 100 Delegationen auf den Bürgenstock reisten und damit zeigten, dass sie den Krieg nicht wollen. Das Familienfoto am Samstagabend war ein plakativer gemeinsamer Affront gegen den Kreml-Chef. Ein Bild spricht mehr als tausend Worte.
Putin wollte man nicht dabei haben. Aus gutem Grund. Er hätte die Konferenz nur für seine sattsam bekannten Lügen und Verschwörungserzählungen benutzt.
Putin selbst hatte die Konferenz als «bedeutungslos», als «unsinnig», als «lächerlich» bezeichnet. Er hörte nicht auf, gegen das Gastgeberland Schweiz und gegen die Teilnehmer zu wettern. Mit wüstesten Anschuldigungen wurde auch die schweizerische Bundespräsidentin eingedeckt. Sie wurde gar am russischen Fernsehen vorgeführt und lächerlich gemacht. Seinen ganzen Propagandaapparat setzte der Kreml gegen die Konferenz in Bewegung. Seit Wochen versuchte ein Heer russischer Hacker Schaden anzurichten und verbreitete viel Unsinn. Sogar wegen Rassendiskriminierung vom Bundesgericht verurteilte Nobodys wie der Präsident der Jungen SVP, der gegen den Bundesrat schnaubte, wurden im Fernsehen «Russia Today» aufgeboten.
Doch die fast hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ihre Delegationen liessen sich vom Kreml-Chef offensichtlich nicht beeindrucken. Sie reisten trotz seiner Tiraden auf den Bürgenstock. Dieser Grossaufmarsch ist eine Niederlage für ihn.
Und: Wenn die Konferenz so bedeutungslos wäre, wie er es darstellt, wieso zog er denn mit allen Registern gegen sie los? Kämpft man gegen etwas, das man unwichtig findet? Nein, Putin behagte dieses Treffen ganz und gar nicht. Er, der Eitle, wurde von geballter internationaler politischer Prominenz vorgeführt. Das Treffen in luftiger Höhe oberhalb des Vierwaldstättersees war eine wuchtige Massenkundgebung gegen ihn. Der Bürgenstock hat Putin die Rote Karte gezeigt.
Einige der Teilnehmer der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock
Der argentinische Präsident Javier Milei
Der japanische Premierminister Fumio Kishida
Die georgische Präsidentin Salome Zourabichvili
Die Präsidentin von Moldawien Maia Sandu
Der saudische Aussenminister Faisa bin Farhan Al Saud
Der spanische Präsident Pedro Sanchez
Der polnische Präsident Andrzej Duda
Der italienische Aussenminister Antonio Tajani
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
Der israelische Knesset-Abgeordnete Yuli Yoel Edelstein
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte
Der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa
Der kroatische Premierminister Andrej Plenković
Der albanische Präsident Bajram Begaj of Albania
Der australische Minister Bill Shorten
Der litauische Präsident President Gitanas Nauseda
Der bosnische Ministerpräsident Denis Bećirović
Der stellvertretende thailändische Aussenminister Russ Jalichandra
Der Präsident der Domikanischen Republik Luis Abinader
Der ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholome
Der bulgarische Präsident Dimitar Borisov Glavchev
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau
Die dänischer Ministerrpräsidentin Mette Frederiksen
Der finnische Präsident Alexander Stubb
Der isländische Premierminister Bjarni Benediktsson
Der Präsident der Elfenbeinkünste Alassane Ouattara
Der irische Premierminister Simon Harris
Der Aussenminister von San Marino Luca Beccari
Die rumänische Aussenministerin Luminita Odobescu
Der katarische Premierminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani
Der türkische Aussenminister Hakan Fidan
Der indische Vizeminister Pavan Kapoor
Die kosovarisiche Präsidentin Vjosa Osmani
Der südkoreanische Vizeminister Kisun Bang
Die mexikanische Aussenministerin Alicia Isabel Adriana Barcena Ibarra
Der luxemburgische Ministerpräsident Luc Frieden
Die stellvertrenende schwedische Ministerpräsidentin Ebba Busch
Der serbische Aussenminister Marko Đurić
Der jordanische Staatsminister Ibrahim Al-Jazi
Der somalische Präsident Hassan Sheikh Mohamud
Der liberianische Justizminister Hassan Sheikh Mohamud
Der guatemaltekische Aussenminister Carlos Ramirez Martinez Alvarado
Die nordmazedonische Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova
Die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar
Der surinamische Aussenminister Albert Ramchand Ramdin
Die Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola
Der uruguayische Aussenminister Omar Paganini
Der vatikanische Staatssekretär Pietro Parolin
und andere