Am Montagabend sassen meine Frau Lea und ich vor dem Fernseher und entspannten uns durch Fussball. Als Nicht-mehr-Aktivsportler tun wir das natürlich auf der Couch – aber ohne Pop-Corn oder Pommes-Chips zu konsumieren.
Stars und Altstars aus allen Religionen
Im Olympiastation Roms hatte Papst Franzikus I, dessen persönlicher Club in Argentinien „San Lorenzo“ soeben die Copa Liberatora in Südamerika gewonnen hat, ein internationales Fussballspiel für den Frieden mit in die Wege geleitet. Mit jüdischen christlichen, muslimischen, buddhistischen, hinduistischen etc. Spielern aus der ganzen Welt. Dieser nette und freundliche Gottesmann, sein bester Freund soll der Oberrabbiner Argentiniens sein, wie mir mein Cousin aus Buenos Aires bestätigte, hatte sich in den Kopf gesetzt, neunzig Minuten lang zweiundzwanzig gesunde, wenn auch teilweise nicht mehr ganz junge Männer hinter einen Lederball herrennen zu lassen. Das fördere den Frieden unter den Völkern, meinte er.
Nach Abschluss des Spieles (Resultat 3:6, für wen habe ich nicht so recht verstanden) waren wir gut aufgelegt, so wie die Spieler ganz offensichtlich auch. Während des Spiels wurde gelacht, man umarmte sich, und trotz den vielen Goals war nie jemand böse oder enttäuscht. Soviel Plausch habe ich bei keinem anderen Fussballmatch je erlebt. Neben aktiven Stars wie Lionel Messi, Ronaldinho, Gianluigi Buffon und Andrea Pirlo waren Senioren dabei, von denen Diego Maradona und Roberto Baggi wohl die berühmtesten sind.
Maradonas Spielfreude
Es war eine Wonne, Maradona - leicht übergewichtig so wie ich - neunzig Minuten rennen zu sehen. Er platzte fast vor Freude am Spiel. Ausser einem Spieler aus Ägypten, Mohammed Abou-Treikas, Mitglied der ägyptischen Muslimbrüderschaft, der sich weigerte am Spiel teilzunehmen, weil der israelische Stürmer Jossi Benayoun dabei sei (vom anderen Israeli, dem Goalie Dudu Awad, hatte er anscheinend nichts gewusst), da er eben prinzipiell nicht gegen Juden und Israeli Fussball spiele. Ganz im Sinne von Sepp Blatter, der stets und mit Nachdruck der Verbindung Sport und Politik eine eindeutige Absage erteilt. Wird Sepp ihn zurechtweisen? Jihadisten, wie Abou-Treikas, ticken halt anders, und ihren rassistisch-religiösen Hass können sie nicht kontrollieren oder gar überwinden.
Wie schön wäre es gewesen, ihn mit Jossi Benayoun und Dudu Awad zusammen spielen und lachen gesehen haben. Unabhängig von diesem relativ kleinen, aber künstlich durch pervertierte Religiosität verschärften Nahostkonflikt Palästina-Israel frage ich mich oft, ob obenerwähnter extrem und unlösbar scheinender Hass sich je legen wird, denn wirklich Gründe dazu gibt es keine, die nicht gelöst werden könnten. Falls der beiderseitige Willen dazu sich finden liesse.
Die Job-Description des Papstes
Wohl wird es dämliche Kommentare geben, wie: „Ja hat der Papst nichts Gescheiteres zu tun?“ oder „Gehört das Zusammenführen und Versöhnen verschiedenen Religionen und Völker überhaupt zu seiner Job Description?“ Ich denke, das gehört als Allererstes auf seine persönliche Liste, denn nur so kann es zu Versöhnung unter Religionen und Völkern kommen. Allerdings allein schafft er das nicht, denn noch immer wächst auf unserer Welt die Menge hirngeschwaschener Hasser stärker als die versöhnungsbereiter Menschen. Reaktionäre Kräfte setzen sich heute leider stärker durch, wenn auch aus verschiedenen Motivationen heraus.
Wie schön wäre es auch, Vertreter anderer Religionen zu finden, welche die Statur eines Franziskus haben, ohne Hintergedanken Menschen ein- statt auszuschliessen. Mit bedingungsloser menschlicher Liebe statt mit besserwisserischer Politik und dem Grundsatz verpflichtet, Rassen- und Religionshass als eine der übelsten Geisseln der heutigen Menschheit zu bekämpfen.
Talentiert durchgelassener Elfmeter
Weltpolitisch wichtig war der päpstliche Fussballanlass sicherlich nicht. Aber er zeigte eine eigentlich nicht neue Möglichkeit auf, den Menschen verschiedener Kulturen und Religionen unter dem Schirm des Sports zu demonstrieren, wie man friedlich miteinander umgehen kann. Das „kann“ sollte eigentlich ein „muss“ sein, doch so weit sind wir noch nicht.
Sympathischer kann Fussball nicht sein, auch wenn es zu einem erfolgreichen Elfmeter-Penaltyschuss kam, der talentiert vom israelischen Torhüter Dudu Awad (heute beim FC Mallorca) durchgelassen wurde.