Unmittelbar bevor sich Obama und Putin in New York getroffen haben, gaben der Irak und Russland bekannt, dass die beiden Staaten zusammen mit Syrien (Asads Regime) und mit Iran eine Sicherheitszusammenarbeit vereinbart hätten, die dem Informationsaustausch über den IS dienen soll.
"Amerika wäre theoretisch willkommen"
Ein russischer Diplomat, den die Agentur Novosti zitiert, merkt dazu an: Die USA sei theoretisch bei dieser Zusammenarbeit auch willkommen. Doch habe sie in diesem Fall mit Syrien zusammenzuarbeiten. Dies ist, wie der Diplomat andeutet, bloss eine theoretische Möglichkeit, weil die USA, jedenfalls bis heute, nicht bereit sind, mit dem Asad-Regime offizielle zusammenzuarbeiten.
Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt es im Geheimen und auf dem Niveau der militärischen Koordination ihrer beiden Luftwaffen, dennoch ein gewisses Mass an Zusammenarbeit. Dass die Kampfflugzeuge Asads und jene der amerikanischen Anti-IS-Koalition gleichzeitig über Syrien agieren, ohne zusammenzustossen, spricht dafür, dass eine solche geheime Koordination bestehen muss.
Amerikas Einsatz in Irak
Was den Irak betrifft, so gibt es nicht nur amerikanische Luftunterstützung für die irakischen Truppen und gelegentlich auch die irakischen schiitischen Milizen, die bisher wenig erfolgreich gegen den IS kämpfen. Es sind auch einige Tausend amerikanische Instruktoren und Sondertruppen im Irak engagiert, die helfen sollen, die irakische Armee auszubilden und deren Einsätze gegen den IS zu betreuen, sowie Ziele für die Schläge der amerikanischen Luftstreitkraft-Koalition auszumachen.
Russen nach Syrien auch im Irak präsent
Dass die Russen nun auch im Irak als Helfer einbezogen werden, begründet ein Sprecher von Ministerpräsident Haidar al-Abadis damit, dass sich unter den IS-Kämpfern "immer mehr Russen" befänden. Gemeint sind natürlich russische Islamisten, beispielsweise aus Tschetschenien. Dass es solche unter den IS-Kämpfern gibt, bis hinauf zu den Unterführern unter dem „Kalifen" al-Bagdadi, weiss man. Dass ihre Zahl jedoch rasch anwachsen soll, war bisher nicht bekannt geworden.
Den Russen dürfte die angekündigte Zusammenarbeit mit dem Irak jedenfalls willkommen sein. Man hat anzunehmen, dass es ihnen dabei nicht nur darum geht, den IS zu bekämpfen, obwohl dies durchaus eines der Motive für ihr Handeln abgeben dürfte, sondern auch dass sie versuchen nicht nur in Syrien, wo sie nun ihre Luftwaffe stationiert haben, sondern auch im Irak mitzureden und ein Gegengewicht gegen die Position der Amerikaner zu bilden, die bisher im Irak unter gewaltigem Aufwand von Blut und von Dollars eine dominierende Position eingenommen hatten.
Diese Position, die schon 1991 mit dem ersten Golfkrieg begann, hat sich allerdings in der Gesamtbilanz als dermassen verhängnisvoll für den Irak und den ganzen Nahen Osten herausgestellt, dass es nun für die Russen ein leichtes sein dürfte, als eine mehr erfolgversprechende Alternative zu der amerikanischen "Unterstützung" aufzutreten.
Moskaus Vorschläge für eine „Kontaktgruppe Syrien“
In der bevorstehenden Sitzung der Generalversammlung der Uno gedenkt Russland dem Vernehmen nach vorzuschlagen, dass eine Kontaktgruppe über Syrien gebildet werde, in der die wichtigsten Staaten, die in Syrien betroffen sind, zusammenarbeiten sollten. Dies wären dem russischen Vorschlag nach: Russland, USA, Saudi Arabien, die Türkei, Iran und Ägypten. Diese sechs Staaten hätten einen gemeinsamen Feind, den IS. Sie wären aber geteilt, Drei gegen Drei in Bezug auf Asad.
Beide Vorschläge, der bereits als verwirklicht angekündigte der Sicherheitskooperation mit dem Irak und der erst angedeutete der für die Uno Sitzung geplant sein soll, zielen darauf ab, Russland als Nahostmacht zu installieren - möglichst gleichwertig mit der bisher führenden Macht im Nahen Osten, den USA. Dies geschieht im Zeichen eines gemeinsamen Kampfes gegen den IS, jedoch zu dem Preis, dass das Asad-Regime mit daran beteiligt und damit von den anderen Beteiligten als das legitime syrische Regime anerkannt und behandelt wird.
Asad hinnehmen?
Ob und in wie weit die Russen die Amerikaner veranlassen können, einer solchen Wiederaufwertung Asads zuzustimmen, bleibt abzuwarten. Wenn dies misslingt, wie man wohl zunächst zu erwarten hat, werden die Russen trotzdem versuchen, ihre Nahostrolle so zu spielen, wie sie sie für sich selbst vorsehen. Nämlich als Schützer Asads und als Gegner vom IS in Syrien - sowie auch als Partner des Iraks und als Gegner von IS im Irak.
Die Luftscgläge der Amerikaner und ihrer Verbündeten gegen den IS dürften den Russen willkommen sein, sogar wenn sie nicht aus gemeinsamer Planung hervorgehen, sondern einseitig von den US und ihren Verbündeten vorgenommen werden. Allerdings unter der Voraussetzung, dass solche Luftaktionen sich gegen IS und Gesinnungsgenossen, aber nicht gegen Luft- oder Bodenstreitkräfte des Asad-Regimes richten.
Fiasko der pro-amerikanischen Kämpfer
Inzwischen hat sich bestätigt, dass die zweite Gruppe von amerikanisch ausgebildeten syrischen Kämpfern, 74 Mann, die aus der Türkei eingeschleust wurden, ein Viertel des Kriegsmaterials, das ihnen die Amerikaner geschenkt hatten, an die Nusra Front abtraten. Anscheinend um als Gegenleistung freien Durchgang nach Nordsyrien zu erhalten. Das Pentagon, das dies zuerst abgestritten hatte, musste nun zugeben, dass sich die Dinge wirklich so entwickelt haben. Die erste Gruppe gleicher Art war im Juli von Nusra Front gefangen genommen und teilweise hingerichtet worden.
Der angesehene Politikwissenschaftler Stephen M. Walt, Professor in Havard, schreibt dazu und anlässlich vergleichbarer Misserfolge, dass die Amerikaner offenbar nicht in der Lage seien, Soldaten erfolgreich auszubilden, weder in Syrien noch im Irak noch in Afghanistan. "Wir gelten als toxisch".. "Ich will nicht nach den Ursachen für den lokalen Anti-Amerikanismus forschen (manche sind gerechtfertigt, andere nicht) jedenfalls gibt es keinen Grund dafür, die Abneigung gegen Amerika abzustreiten... Offene US-Intervention kann leicht zurückschlagen, indem sie die heute dominierenden Diskurse über die Einmischung "des Westens" verstärken und weitere Gruppen dazu verleitet anzunehmen, dass Osma Bin Laden recht hatte."
Walt schliesst aus dieser Sachlage, dass es zwar wenig erfreulich, aber heute doch noch am besten wäre, "aufzuhören, darauf zu bestehen, dass Asad geht und den anderen Mächten, die mitbetroffen sind, sorgfältig zuzuhören, einschliesslich den Russen."
(Den ganzen Essay von Stephen Walt mit dem Titel: A realist grapples with his doubts on intervention in Syria. Could We Have Stopped This Tragedy? By Stephen M. Walt findet man im Internet unter: http://foreignpolicy.com/author/stephen-m-walt/