„It Cant’t Happen Here“ heisst ein Roman des Amerikaners Sinclair Lewis, der 1935 erschienen ist: „Das ist bei uns nicht möglich“. Das 397-seitige Werk schildert den unaufhaltsamen Aufstieg des demokratischen Senators Berzelius „Buzz“ Windrip zum Präsidenten der USA. Der Populist, dem Rassismus nicht fremd ist, errichtet ein totalitäres Regime, das vorgibt, für die „Vergessenen Menschen“ der Nation einzustehen. Windrips Manifest, ein prahlerisches Machwerk, heisst „Die Stunde Null“.
Zu den wenigen im Lande, die sich gegen Präsident Windrip auflehnen, gehört Doremus Jessup, Chefredaktor einer Kleinstadtzeitung. Er wundert sich über die magische Faszination, die der Politiker, ein wirrer Redner, auf die Massen ausübt: „Als ob er ihnen Wahrheiten erzählte, jene herrschaftswisserischen und gefährlichen Tatsachen, die man vor ihnen verborgen hatte.“
In der „Washington Post“ fragt Carlos Lozada unter Bezug auf „It Can’t Happen Here“, wie gut sich Donald Trump mit fiktiven Diktatoren der amerikanischen Literatur vergleichen lässt. Die Antwort: „“Ziemlich gut, eigentlich“. Und wie würde Amerika auf einen Präsidenten Trump reagieren, falls dieser umsetzt, was er im Wahlkampf an Ungeheuerlichkeiten angedroht hat? Einen Vorgeschmack kann heute die Antwort auf die Frage geben, wie stark sich die nationalen Medien künftig vom republikanischen Kandidaten noch drangsalieren lassen. Oder wie bereit sie sind, Prinzipien des Profites wegen aufzugeben.
Ein Stein des Anstosses ist der Umstand, dass Donald Trump immer mehr amerikanischen Medien untersagt, direkt über seinen Wahlkampf zu berichten. Jüngstes Opfer des Entzugs der Akkreditierung ist die angeblich falsche und unehrliche „Washington Post“, eine unter mehreren kritischen Publikationen, denen der forsche Kandidat einen Maulkorb verpasst hat.
Trump hat offenbar nicht goutiert, dass die „Post“ es wagte, Aussagen zu hinterfragen, die er nach dem Massaker in Orlando gegenüber Fox-TV gemacht hatte. Präsident Barack Obama, sagte er in einem Interview, sei entweder nicht hart, nicht smart genug oder er hege Hintergedanken: „Irgendwas geht hier vor.“ Die Zeitung folgerte zu Recht, Trump töne an, Obama habe etwas mit der Schiesserei in Florida zu tun.
Donald Trump hat sich im Wahlkampf schon wiederholt mit den Medien angelegt. Unter anderem hat er angedroht, er würde als Präsident jene Gesetze lockern, welche in Amerika die Meinungsfreiheit schützen. Auch würde er juristisch gegen Jeff Bezos, den Gründer von „Amazon“ und Besitzer der „Washington Post“ vorgehen. Einer seiner Berater indes hat vorgeschlagen, dem Nachrichtensender CNN die Lizenz zu entziehen.
Nicht mehr über Donald Trump zu berichten, wäre unrealistisch. Schliesslich wird der New Yorker Bauunternehmer im Juli wohl zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten gekürt. Anders über ihn zu berichten, akribischer, kritischer und skeptischer, ist jedoch möglich und nötig. Vor allem in Falle des US-Nachrichtenfernsehens, das Wahlveranstaltungen des Republikaners flächendeckend zu übertragen pflegt. Gemäss dem Shorenstein Center der Universität Harvard dürfte zutreffen, dass Donald Trump im Wahlkampf bisher zwei Milliarden Dollar an „free media“, d.h. an weitgehend unkritischer Gratispublizität, gewonnen hat. Er hat also was zu verlieren.