Sie ist da, die Umfrage, auf die man gewartet hat, wenige Stunden vor dem grossen TV-Duell zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen.
Seit November 2015 befragt das Meinungsforschungsinstitut IPSOS für das „Studienzentrum des Politischen Lebens in Frankreich“ (CEVIPOF) und die Tageszeitung „Le Monde“ regelmässig über 13‘000 Personen zu ihren Wahlabsichten.
In der neuesten und letzten Umfrage vor der entscheidenden Stichwahl am Sonntag heisst es nun:
Macron 59%
Le Pen 41%
Und das bei einer, angesichts der besonderen Umstände, relativ hohen erwarteten Wahlbeteiligung von 76%.
Bisher war man davon ausgegangen, es würden am 7. Mai nur rund 70% der Wahlberechtigten an die Urnen gehen, weil viele Wähler von Fillon und Mélenchon aus dem 1. Durchgang sich enthalten würden - jeweils rund 30–35%.
Die Zahlen von 59% und 41% scheinen auf sicheren Beinen zu stehen, auch angesichts der Tatsache, dass zum Beispiel 91% derer, die Macron wählen wollen, erklären, sie seien sich dessen absolut sicher.
Tritt ein, was vorhergesagt wird, ist die ganz grosse Katastrophe vermieden, ein Erdbeben hat aber trotzdem stattgefunden.
40% für Marine Le Pen, bei einer Wahlbeteiligung von 76%, das heisst: 14,8 Millionen Stimmen!
Was bedeuten würde: alle Dämme und Schutzwälle vor der extremen Rechten sind in Frankreich gebrochen. Die so genannte Republikanische Front ist tot und begraben.
Denn: zu den 7,6 Millionen Stimmen für Le Pen im 1. Durchgang am 23. April würden am kommenden Sonntag 7,2 Millionen weitere hinzukommen!
Die Chefin des Front National würde im Vergleich zu vor 5 Jahren – damals 6,4 Millionen – die Zahl ihrer Wähler mehr als verdoppeln.
Über den Daumen gepeilt könnten 3 Millionen Stimmen von Fillons 7 Millionen Wählern aus dem 1. Durchgang kommen.
Immerhin 1,5 Millionen von den ebenfalls 7 Millionen Stimmen, die im ersten Durchgang dem Linksaussen-Kandidaten Mélenchon zugefallen waren.
Und etwa 1 Million der 1,7 Millionen, die der inzwischen zu Marine Le Pen übergelaufene Erzgaullist und Europakritiker Dupont-Aignan am 23. April erhalten hatte.
Es fehlen bei diesem Kalkül immer noch 1, 7 Millionen.