Vor kurzem hat Colonel Ralph Peters, der konservative Kommentator und Militärexperte, Fox News verlassen. Die Begründung? Der Fernsehsender sei zu einem Propagandaarm der Regierung Trump verkommen und predige zur besten Sendezeit Verfolgungswahn, attackiere Institutionen, die für Amerika überlebenswichtig seien, und fordere den Rechtsstaat heraus. All das lasse sich nicht mehr mit dem Eid vereinbaren, den er als Offizier der US-Armee zum Schutz und zur Verteidigung der US-Verfassung geschworen habe.
Was Colonel Peters anprangert, praktiziert auch die Sinclair Broadcast Group (SBG), wenn auch subtiler. Sinclair? Die Gruppe ist Amerikas grösstes Medienunternehmen, das keiner kennt. SBG betreibt in meist konservativen Gegenden landesweit 193 Fernsehstationen und könnte demnächst, falls die Gruppe Tribune Media (TMS) übernehmen darf, noch 42 Lokalsender mehr besitzen, neu auch in New York, Chicago und Los Angeles. Nach einer Fusion mit TMS, der unter der republikanischen Regierung in Washington D. C. kaum etwas im Wege steht, würde Sinclair landesweit 72 Prozent aller Fernsehhaushalte erreichen.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 haben die TV-Stationen der Gruppe überwiegend Donald Trump unterstützt. In Gegenden, in denen SBG-Sender zu empfangen sind, hat die Wählerschaft den New Yorker Unternehmer Hillary Clinton mit grossem Mehr vorgezogen. Eines der Mittel, mit deren Hilfe Sinclair ihre rechte Botschaft verbreitet, sind sogenannte „must-runs“ – Sendesegmente konservativen Zuschnitts, die die Zentrale produziert und die alle Stationen ausstrahlen müssen.
Ein solches Zwangssegment hat nun national für Aufsehen gesorgt. Dutzende von Moderatorinnen und Moderatoren verlasen einen identischen Kommentar, der anderen Medien vorwarf, Fake News zu verbreiten: „Das ist für unsere Demokratie extrem gefährlich.“ Es war eine Botschaft ganz im Sinne Donald Trumps, der die Aussage über Twitter postwendend begrüsste und Mitarbeiter von Fernsehsendern wie CNN oder NBC als „die unehrlichsten Gruppen von Leuten“ beschimpfte, mit denen er je zu tun gehabt habe. Sinclair sei solchen „Fake News-Sendern“ turmhoch überlegen.
Nun könnte einer das jüngste „must-run“ der Gruppe als Sturm im Wasserglas abtun, zeigten Umfragen nicht, dass rund 85 Prozent aller Amerikanerinnen und Amerikaner ihren lokalen Fernsehsendern trauen – ihren Angehörigen und Freunden trauen acht Prozent weniger, also 75 Prozent. Gleichzeitig werden Lokalsender als Informationsquellen immer unverzichtbarer, während die Zahl der Lokalzeitungen und der Umfang der Lokalberichterstattung schrumpfen: 37 Prozent der Bevölkerung informieren sich heute via Lokalfernsehsender, 28 Prozent über Kabel und nationale Sender. Lediglich noch 18 Prozent lesen Zeitung.
Kein Zweifel, Sinclair oder „Trump TV“, wie ein früherer Kommentator der Gruppe sagt, sind selbst eine Gefahr für die amerikanische Demokratie: „Zuzulassen, dass unsere Medien zum Tummelplatz einiger weniger politischer Extremisten werden, die darauf aus sind, unseren Äther zu besitzen, ist nicht nur schlecht für unsere Republik. Es könnte ihr Ende bedeuten.“