Der Mord an Jamal Khashoggi hat einen weltweiten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Das ohnehin zweifelhafte Image von Saudi-Arabien und des stürmischen jungen Prinzen leidet arg unter den Ereignissen im saudischen Konsulat in Istanbul.
Keine weltweite Entrüstung löst hingegen die saudische Kriegsführung in Jemen aus. Riads Luftwaffe bombardiert Zivilisten, Märkte und Schulen. Und die Welt schaut weg. 22 Millionen der 26 Millionen Jemeniten sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. 14 Millionen von ihnen, darunter sieben Millionen Kinder, sind vom Hungertod bedroht. Entgegen Beteuerungen aus Riad blockiert Saudi-Arabien nach wie vor internationale Hilfslieferungen
Zugegeben: Der Mord von Khashoggi und die saudische Kriegsführung in Jemen sind zwei ganz verschiedene Dinge. Dennoch: Etwas mehr internationale Entrüstung und etwas mehr internationaler Druck wären auch im Fall Jemen angezeigt. Aber man will Saudi-Arabien aus zwei Gründen nicht auf die Füsse treten: Im Wahhabitenreich locken lukrative Geschäfte. Zudem fürchtet man sich vor Iran, der in Jemen einen Stellvertreterkrieg führt – und lässt deshalb Saudi-Arabien gewähren.
Wächst jetzt endlich der Druck auf Riad? Grossbritannien fordert eine Sitzung des Sicherheitsrates, und selbst Donald Trump spricht plötzlich von Verhandlungen. Vielleicht wäre die Situation günstig. Saudi-Arabien ist angeschlagen und muss sein Image aufpolieren. Könnte es deshalb zu Konzessionen in Jemen bereit sein?
Einigen in Saudi-Arabien käme ein Waffenstillstand ohnehin gelegen. Denn Saudi-Arabien blamiert sich – in militärischer Hinsicht – seit langem in Jemen. Seit dreieinhalb Jahren gelingt es der hochgerüsteten saudischen Armee nicht, die Huthis zurückzudrängen – trotz amerikanischer Hightech-Waffen.
Doch ein schnelles Ende des Jemen-Krieges – das sind wohl Wunschträume. Der Hass der US-Regierung auf Iran blockiert jede Lösung. Solange Trump und die Seinen das iranische Regime stürzen wollen, wird es keinen Frieden in Jemen geben. Es mag zynisch klingen: Das Leid der jemenitischen Bevölkerung ist für Trump das geringere Übel als die Aussicht auf einen eventuellen Sieg der von Iran unterstützten Huthi-Rebellen. So ist denn zu befürchten, dass Prinz Mohammed bin Salam (MBS) weiter Bomben auf Zivilisten abwerfen lässt – insgeheim mit dem Plazet der Iran-Gegner. Und die Medien werden wohl noch lange vom „vergessenen Krieg“ sprechen.