Am Wochenende sind es 100 Tage, seit Donald Trump das Amt des US-Präsidenten angetreten hat. „Keine Regierung hat in den ersten 90 Tagen mehr erreicht“, hat er die Nation vor kurzem bei einem Auftritt in Wisconsin wissen lassen. Trumps Selbstbewusstsein kontrastiert auffällig mit seinen Beliebtheitswerten: Die Zustimmungsrate liegt derzeit bei 41,7 Prozent. Vorgänger Barack Obama erfreute sich zum selben Zeitpunkt eines Zuspruchs von 65 Prozent, fast gleich viel wie seinerzeit Ronald Reagan – nach einem überlebten Attentat – mit 68 Prozent.
Nun sind 100 Tage in der Tat eine willkürliche Frist, um die Errungenschaften eines neuen amerikanischen Präsidenten zu beurteilen. Doch als Referenzrahmen hat sich die Frist eingebürgert, seit Franklin Delano Roosevelt (FDR) sie 1933 zu Beginn seiner Amtszeit definierte, um angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage die vielfältigen Herausforderungen an das Weisse Haus einzugrenzen. Auch Donald Trump hat im Wahlkampf die ersten 100 Tage wiederholt als Zeitrahmen genannt, innerhalb dessen er seine Versprechen wahr machen wolle. „Es ist eine künstliche Barriere“, hat er inzwischen getwittert: „Nicht sehr bedeutsam. Ein lächerlicher Gradmesser.“
Doch Präsident Trump kann es nicht verhindern, an eigenen Ansprüchen gemessen zu werden, die er wiederholt hinausposaunt hat. Ein Ende von Obamacare! Grosszügige Steuersenkungen! Mehr Jobs! Eine Mauer zu Mexiko! Zwar ist er nicht untätig geblieben und hat seit seinem Amtsantritt im Januar 25 präsidiale Dekrete erlassen, mehr als die meisten seiner Vorgänger. Er hat 28 Gesetzesvorschläge als rechtskräftig erklärt, unter ihnen welche, die Anordnungen seines Vorgängers rückgängig machten.
Viele seiner vollmundigen Versprechen aber hat Donald Trump nicht einlösen können. Von zehn Gesetzesvorlagen, die sein „Vertrag mit dem amerikanischen Wähler“ innert der ersten 100 Tage zu verabschieden gelobte, ist bisher nur eine einzige im Kongress eingebracht worden. Und noch hat der Präsident kurzfristig andere Sorgen: Verabschiedet der zerstrittene Kongress bis Ende Woche kein neues Budget, wird Amerikas Regierung handlungs- und zahlungsunfähig. Der Misserfolg beim Versuch der Einführung eines neuen Krankenkassengesetzes aber hat gezeigt, dass sich der Präsident nicht automatisch auf die Unterstützung aus den Reihen der Republikaner verlassen kann.
Donald Trumps Wählerinnen und Wähler kümmert das wenig. Die meisten unter ihnen halten ihm nach wie vor die Treue – egal, was jene Medien sagen, die der Präsident als Verbreiter von „Fake News“ und als Feinde der Nation beschimpft. Sie glauben seinen populistischen Versprechen, den Sumpf in Washington DC trockenzulegen und Amerika wieder gross zu machen. Auf wessen Kosten das allenfalls geschieht, erwägen sie nicht und schon gar nicht, dass sie am Ende die Leidtragenden sein könnten.
Amerika bleibt gespalten. Donald Trumps erste 100 Tage geben wenig Anlass zur Hoffnung, dass der gesellschaftliche Graben dereinst auch nur annähernd überbrückt werden könnte. Denn das Amt hat den neuen Präsidenten nicht wie erhofft ehrlicher, einsichtiger oder milder werden lassen. Donald Trump bleibt auf sich und seine Interessen fixiert, unflexibel, unbelehrbar und rücksichtslos. Das Volkswohl ist ihm fremd.