Zum Massnahmenpaket über die Medienförderung werden von Befürwortern und Gegnern gute und schlechte Argumente in die Debatte geworfen. Unter dem Strich aber überwiegt das Gewicht der Nein-Argumente. Zu viel Geld fliesst in die falschen Töpfe.
Der zentrale Slogan gegen das neue Mediengesetz, über das wir am 13. Februar abstimmen, lautet: «Staatsmedien Nein!» Damit wird suggeriert, dass alle Zeitungen, Radio-Stationen, TV-Sender und Online-Medien, die bei Annahme der Vorlage staatliche Fördergelder bekommen, automatisch zu «Staatsmedien» würden, also politisch brav und im Takt nach der Staatspfeife tanzen würden.
Das ist natürlich eine demagogische Verzerrung und Simplifizierung. Wer mit einigermassen offenen Ohren und Augen etwa die Sendungen des öffentlichrechtlichen Schweizer Radios und Fernsehen verfolgt, wird zugeben müssen, dass in diesen Kanälen in Wirklichkeit und gemäss Auftrag ein breites Spektrum von Informationen und Meinungen zum Ausdruck kommt – obwohl sie von manchen Kritikern gerne als «Staatsmedien» verunglimpft werden.
Fördergelder für florierende Unternehmen?
Wesentlich überzeugender als der Popanz von den «Staatsmedien» ist im Abstimmungskampf um das Medienpaket das Argument, dass von den rund 150 Millionen, die zur Förderung einer lebendigen Medienvielfalt vom Staat zur Verfügung gestellt werden sollen, zu viel Geld in die falschen Töpfe fliesst. Das Nein-Komitee behauptet, dass 70 Prozent dieser Subventionen von den grossen etablierten Medienhäusern wie TA-Media, Ringier, CH-Medien und NZZ abgesaugt werden könnten. Diese Zahl scheint zwar übertrieben. Die NZZ hat unlängst in einem detaillierten Bericht eine Zahl von 30 bis 50 Prozent genannt, die die vier Grossverlage aus der neuen Subventions-Schatulle beziehen würden.
Das Problem dabei ist, dass gerade diese Verlage trotz einschneidender Um- und Einbrüche in der Medienlandschaft keineswegs am Hungertuch nagen. Laut dem erwähnten NZZ-Bericht hat Pietro Supino, der Vorsitzende des TX-Konzerns, der die «Tagesanzeiger»-Medien herausgibt, im März 2021 erklärt, sein Unternehmen könnte allein durch den geplanten Ausbau der Zustellungsvergünstigungen etwa 20 Millionen Franken pro Jahr einsparen.
Da fragt man sich natürlich als Stimmbürger und Steuerzahler, weshalb ausgerechnet der wohlbetuchten TX-Besitzerfamilie Coninx-Supino und ihren Mitaktionären mit Subventionen, die sich in der vorgesehenen Laufzeit von sieben Jahren für das Medienpaket auf 140 Millionen belaufen würden, unter die Arme gegriffen werden soll. Ähnliche Fragen stellen sich auch im Zusammenhang mit den Verlagen Ringier und CH-Media. Im Falle der NZZ muss berücksichtigt werden, dass die Redaktion dieser Zeitung das zur Abstimmung stehende Förderpacket klar und deutlich ablehnt. Beim «Tagesanzeiger» ist das nicht der Fall. TA-Verleger Supino hat in seinem eigenen Blatt und in seiner Eigenschaft als Präsident des Verlegerverbandes engagiert für die Medienvorlage geworben. Er bezeichnet das Paket als «guten Kompromiss». Im gleichen Sinne äusserte sich der TA-Chefredaktor Arthur Rutishauser.
Immerhin kommt in den gleichen Spalten auch der TA-Redaktor Edgar Schuler zu Wort, der die Pro-Subventionsargumente seiner Chefs ziemlich stichhaltig zerpflückt. Das Argument, dass im Falle einer Ablehnung des Förderpakets namentlich in den ländlichen Gebieten der Schweiz eine Informationswüste und ein Absterben der politischen Debatte drohe, sei eine blosse Legende, schreibt Schuler. Nie habe man sich überall im Lande breiter informieren können und nie sei in der Öffentlichkeit intensiver debattiert worden.
Offenkundig weiss der Journalist besser Bescheid über die Vielzahl und überall zugänglichen Informationsquellen und Diskussionsforen im Internet als die Obrigkeit im eigenen Verlag. Auch Schuler bedauert im Übrigen, dass allein 60 Millionen Franken der geplanten Medienförderung für den Transport und die Zustellung von gedruckten Bezahlzeitungen bestimmt sein sollen – und damit wiederum den etablierten Verlagen zufliessen würden.
Ein «verknorztes Paket»
Vor diesem Hintergrund mag man die Sache drehen und wenden, wie man will, bei Lichte besehen handelt es sich bei dieser Medienvorlage um ein «verknorztes Paket», wie eine Kommentatorin in der NZZ richtig formuliert hat. Eine an sich vernünftige und staatspolitisch durchaus vertretbare Zielsetzung, nämlich die Förderung eines vielfältigen und lebendigen Mediensystems wird durch eine falsche und unlogische Verteilung der staatlichen Fördermittel wieder diskreditiert.
Ein klares Eigentor der Initianten dieser Vorlage, auch wenn diese sich jetzt herausreden, ohne solche Zuwendungen an die etablierten Verlage wäre im Parlament kein Kompromisspaket zustande gekommen. Dabei hätte man ja einen weniger widersprüchlichen und «verknorzten» Fördervorschlag auch durch eine Initiative ausserhalb des Parlaments vors Volk bringen können.
Damit soll nicht behauptet werden, das Nein-Lager kämpfe durchwegs mit überzeugenden oder ehrlichen Argumenten gegen das Medienpaket, über das am 13. Februar abgestimmt wird. Vom verkürzten und bewusst irreführenden Schlagwort der angeblichen «Staatsmedien» war bereits die Rede. Ebenso Ideologisch aufgeblasen und undifferenziert ist auf der andern Seite wiederum die Behauptung des Ja-Lagers, dass bei einem Nein zur Medienförderung automatisch der Einfluss rechtslastiger Postillen und Portale wie die «Weltwoche», der «Nebelspalter» oder «Die Ostschweiz» gestärkt und promoviert werde. Das aber laufe, so unkt etwa der Kolumnist Daniel Binswanger in der Online-Zeitung «Republik», auf eine bedrohliche Zunahme der Medienmacht auf Seiten konservativer Mediensponsoren wie Blocher oder Hummler hinaus.
Stimmenthaltung – keine valable Option
Wo bleibt da die Logik? Die erwähnten rechtskonservativen Kampfblätter würden ja durch die Annahme des Medienpakets – genau wie die «Republik» – ebenfalls mit Subventionen aus der Bundeskasse berieselt. Mit einem Ja zur Fördervorlage, wofür der linke Publizist so dringend plädiert, würde man somit den Financiers rechter Medien zumindest in materieller Hinsicht zusätzliche Mittel in die Sponsorenkasse leiten – auch wenn diese das gar nicht nötig haben.
Dass aber neue Online-Medien durchaus eine Chance haben, sich auch ohne staatliche Subventionen auf dem Markt zu halten, zeigen eine Reihe von Beispielen wie gerade die von Abonnenten financierte «Republik» oder das von Spenden unterstützte «Journal 21». Ausserdem ist es auch gut betuchten Kapitalisten mit linken Sympathien nicht verwehrt, Geld in Medien ihrer politischen Präferenz zu investieren.
Als Stimmbürger muss ich Farbe bekennen, für welche Seite ich im Meinungskampf um das Massnahmepaket zur Medienförderung meinen Stimmzettel einlegen soll. Keine Stimme abzugeben halte ich nicht für eine überzeugende Option. Damit würde ich Gleichgültigkeit und Desinteresse in Sachen Medienentwicklung markieren.
Nach längerem Abwägen entscheide ich mich für ein Nein. Nicht weil ich staatliche Medienförderung grundsätzlich ablehne, sondern weil bei einer Annahme dieser misslungenen Vorlage zu viel Geld in Kanäle geleitet würde, die keineswegs vom Austrocknen bedroht sind, wenn deren Besitzer sich mit der nötigen Leidenschaft für den Unterhalt einsetzen. Die Bauchschmerzen, die mir dabei das propagandistische «Staatsmedien»-Gezeter aus einigen Reihen des Nein-Lagers verursacht, muss ich in Kauf nehmen.