Seit der Präsidentschaft von William McKinley (1897–1901) beherbergt das Weisse Haus in Washington DC einen Presseraum. Lediglich 30 Meter vom Oval Office des Präsidenten entfernt, finden dort regelmässig die Pressekonferenzen für akkreditierte Journalisten statt. Gewöhnlich tritt der Pressesprecher des Weissen Hauses auf, gelegentlich der Chef selbst. Ausländische Korrespondenten sind auf hintere Sitze verbannt und dürfen nur selten Fragen stellen.
Seit kurzem ist neuerdings in Washington DC zu hören, Donald Trump plane, den Presseraum aus dem Westflügel des Weissen Hauses an einen neuen Ort in der Umgebung der Residenz zu verlegen, um sich so die Medien auf grössere Distanz zu halten. Obwohl das aus Gründen der Tradition zu bedauern wäre, eine Katastrophe ist es kaum.
Woran es etablierten Vertretern des Pressecorps am Amtssitz des amerikanischen Präsidenten mangelt, ist häufig nicht die räumliche, sondern die geistige Distanz. Sie sehen sich als Teilnehmende im grossen Spiel um Macht und Einfluss und diese Illusion ist nur aufrecht zu erhalten durch die Nähe zu den Mächtigen und Einflussreichen. Die Wachhunde der Demokratie mutieren zu Schosshündchen des Establishments.
Dass es auch anders geht, hat der grosse investigative Journalist I. F. Stone (1907–1989) bewiesen. Er ging in Washington DC zu Politikern und Beamten bewusst auf Distanz, um nicht zur „access whore“ zu werden, zum Journalisten, der sich für den Zugang zu Informationen prostituiert. Zeitungen warf „Izzy“ Stone, der sich auf der Suche nach News durch Berge von Verlautbarungen zu wühlen pflegte, nicht einen Mangel an Dissens, sondern an Nachrichten vor.
Fragen sich die Medien heute bange, wie sie in Zukunft über einen Präsidenten berichten sollen, der sie zwar öffentlich verachtet, insgeheim aber gierig konsumiert, so ist zumindest ein Teil der Antwort im Umstand zu finden, dass sie statt Aussenseiter zu bleiben, lieber als Insider dazugehören wollen. Doch das ist nicht ihre Aufgabe als vierte Gewalt im Staate.
Die Medien haben sich in den Dienst der Öffentlichkeit zu stellen, deren Bedenken aufzuspüren und deren Anliegen zu vertreten. Es ist das Gegenteil dessen, was Amerikas Presse jüngst im Präsidentschaftswahlkampf gemacht hat, als nicht nur grosse Teile der Bevölkerung, sondern auch die Medien selbst in einer Filterblase lebten.
Im Falle Donald Trumps gilt es, unerschrocken und unvoreingenommen zu berichten, was ist, und das Geschehene profiliert und pointiert zu kommentieren – ohne falsche Rücksichtnahme auf Sonderinteressen und ohne feiges Schielen auf Einschaltquoten und Klicks. Was der CEO des Fernsehsenders CBS – angeblich im Witz, wie er sagen sollte – über Donald Trumps Kandidatur bemerkte, darf nicht zum kruden Credo werden: „Sie mag für Amerika nicht gut sein, aber für CBS ist sie verdammt gut.“
Allen Drohungen und Einschüchterungsversuchen zum Trotz müssen die Medien Donald Trump nicht fürchten, solange sie sich auf ihre traditionellen Stärken besinnen, die da wären: gründliche Recherche, klare Darstellung, kompetente Einordnung. Nur so kann die Macht des Faktischen Fake News, Shit Storms und Twittergewitter überleben, nur so kann die Presse das Vertrauen der Öffentlichkeit wiedergewinnen. Am Ende ist das Leben keine Reality Show, sondern ungeschminkte Wirklichkeit.