Kürzlich lief eine Anhörung des Sachplans Fruchtfolgeflächen bei Kantonen, Verbänden und einschlägigen Organisationen. Es ist nicht ganz unwichtig zu wissen, was es mit dem Thema auf sich hat. Die Angelegenheit tönt harmlos, sie ist es aber nicht!
Der Sachplan Fruchtfolgeflächen (SP FFF) wurde 1992 vom Bundesrat in Kraft gesetzt. Er hat zum Ziel, eine Gesamtfläche ackerfähiger Böden von 438’560 Hektaren mit raumplanerischen Mitteln zu sichern. Diese FFF würden in „Zeiten gestörter Zufuhren“ die Ernährung der Schweizer Bevölkerung sichern helfen. Jedem Kanton wurde ein Mindestkontingent zugeteilt, welches dieser sicherzustellen hat.
Was mit „Fruchtfolgefläche“ genau gemeint war, wurde vom Bund wie folgt definiert: Fruchtfolgeflächen umfassen das ackerfähige Kulturland, vorab das Ackerland und die Kunstwiesen in Rotation sowie die ackerfähigen Naturwiesen. Genauere Kriterien zu deren Ausscheidung wurden nicht vorgegeben; im Gegenteil wurde den Kantonen in den achtziger Jahren ein erheblicher Spielraum gelassen, diese Flächen zu erheben und auszuscheiden. Die Kantone mussten ihre FFF in Karten und Zahlen festhalten, im kantonalen Richtplan waren sie kartographisch darzustellen.
Lückenhafte Kartierung der Böden
Das Problem liegt nun seit mehr als 25 Jahren darin, dass viele Kantone nach wie vor nicht wissen, wo ihre besten Böden liegen. Denn die meisten Schweizer Böden waren und sind heute nicht kartiert, d. h. nicht in einem Massstab erhoben, der es erlauben würde, daraus eine Eignung als Ackerland herauszulesen. Löbliche Ausnahmen sind die Kantone Zürich, Basel-Landschaft, Zug, Glarus, und bald auch Appenzell Innerrhoden, welche ihre FFF flächendeckend kartiert haben. Alle anderen Kantone haben ihre FFF zwar ausgeschieden, taten dies aber aufgrund sehr verschiedener Methoden und Grundlagen, so dass ein Vergleich als unmöglich, selbst ein Zusammenzählen der Flächen als waghalsig angeschaut werden muss.
Auch wenn die Kantone ihre FFF auf mehr oder weniger schlechten Grundlagen bestimmten, haben diese durchaus Wirkung erzielt. Der Sachplan FFF war über Jahrzehnte (fast) das einzige wirksame Argument, um gegenüber den Gemeinden ein weiteres Ausufern der Bauzone zu verhindern. Der Kanton wies jeweils auf die Darstellung im Richtplan und lehnte in der Vorprüfung manche Einzonung mit dem Argument „FFF“ ab.
Dennoch wurde natürlich vielerorts auf FFF gebaut und in vielen Kantonen schrumpften die FFF-Reserven. Bereits in einer Studie des Bundesamtes für Raumentwicklung Anfang 2000 wurde darauf hingewiesen, dass die Gesamtfläche an FFF möglicherweise nicht mehr vorliegen könnte. Wir wissen noch heute nicht, über wie viele FFF die Schweiz wirklich verfügt; eine kürzlich wiederholte Addition fragwürdiger kantonaler Zahlen kommt auf eine Reserve von vielleicht 6000 ha, also rund 1–2 Prozent Spielraum.
Der nun zur Anhörung vorliegende Entwurf des erneuerten Sachplans sieht unter anderem vor, dass die Kantone endlich ihre Flächen auskartieren sollen. Denn damit wüsste man in Bern, ob die Schweiz sich im Krisenfall aus dem eigenen Ackerboden würde ernähren können oder nicht.
Engpässe und mangelnder politischer Wille
Hier taucht ein weiteres Problem auf: Böden zu kartieren ist nicht einfach, es braucht Zeit, Fachleute, Geld und einen politischen Willen. Zurzeit fehlt es an allem. Zeit braucht man, weil es sich um Handarbeit handelt, denn eine Fachperson muss übers Feld gehen und bohren! Wir verfügen aber nicht über genügend ausgebildete Fachleute der Bodenkunde, die sich im Kartieren auskennen. Es fehlt eine Ausbildungsstätte; zwar gibt es neuerdings eine Art Schnellbleiche, welche aber das solide Handwerk nicht vermitteln kann. [1]
Die Kantone sind kaum bereit, Geld für Kartierungen auszugeben, und ein politischer Wille, die alten Ausscheidungen aus den achtziger und neunziger Jahren – obwohl von miserabler Qualität – durch eine saubere Kartierung zu ersetzen, ist auch nicht auszumachen. Auch hier gibt es löbliche Ausnahmen: Die Kantone Solothurn und Luzern kartieren seit Jahren ihre Böden und können nun laufend auf bessere Grundlagen abstellen, wenn sie ihre FFF bestimmen müssen.
Noch weit vom Ziel entfernt
Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms Boden (NFP 68), welches letztes Jahr abgeschlossen wurde, sind Forschungsprojekte bearbeitet worden, welche moderne, auf Modellen beruhende, digitale Kartierungsmethoden getestet haben, um Bodeneigenschaften zu erfassen, beziehungsweise am Bildschirm zu berechnen. Man erhoffte sich dadurch eine raschere Erfassung der Bodeneigenschaften.
Die Resultate sind nicht abschliessend und nicht sonderlich vielversprechend. Zudem kommt auch dieser Ansatz nicht ohne Feldarbeit aus. Man muss die Böden eben mit dem Bohrstock abschreiten und erbohren. Nur so erkennt man den Zustand und die Eigenschaften insbesondere des Unterbodens, der für die Bodenfruchtbarkeit sehr wichtig ist.
Der Sachplan Fruchtfolgeflächen ist und bleibt ein wichtiges Instrument, um die besten Ackerböden im Land zu erhalten, aber Wunder sind von ihm nicht zu erwarten. Zumindest die nächsten zehn bis zwanzig Jahre wird (fast) alles beim Alten bleiben, leider!
Es gibt vorderhand nur einen Weg, den weiteren Verlust von FFF durch wachsende Bauzonen zu verhindern: Die Gemeinden müssen gezwungen werden, die Bodenqualität in einem Perimeter von einigen hundert Metern rund um das Siedlungsgebiet zu erheben und im Detail kartieren lassen, bevor sie an eine Ausdehnung der Bauzone denken. So wissen sie (und wir) wenigstens, wo die guten Böden liegen und können diese längerfristig schützen.
[1] Dazu eine leicht ironische Fussnote: Die einzige Institution, welche in der Schweiz Kartierfachleute ausbildete, wurde in den neunziger Jahren ausgerechnet vom Bund stillgelegt und dazu mit fadenscheinigen Gründen. Es handelte sich um die damalige Forschungsanstalt Zürich-Reckenholz, heute ein Teil von Agroscope, das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, welche eine eigene Abteilung führte, die sich mit Bodenkartierung beschäftigte.