Ich lese, Amazon sei‘s geklagt, gern und gierig Spionage-Romane. Auf Englisch. Nicht nur John le Carré, auch David Ignatius, Stephen Hunter, Olen Steinhauer oder wie sie alle heissen. Wobei ein gewisser literarischer Anspruch erfüllt sein muss. Action, Schall und Rauch allein genügen nicht.
Besonders reizvoll werden Thriller dann, wenn sich der Schauplatz der Handlung von Beirut, London oder Washington DC in die Schweiz verlagert, nach Zürich, Genf oder Bern. Wobei auf der Schweizer Bühne meist Anwälte, Banker oder Treuhänder auftreten, häufig solche der lichtscheuen Sorte, in selteneren Fällen auch Galeristen, Gelehrte oder Geheimdienstler, tendenziell eher aufrecht, ehrlich und stramm.
Verständlich, dass die Thriller-Autoren nicht umhinkönnen, ihrer atemlosen Handlung etwas Schweizer Lokalkolorit beizumischen, sei es in Form knapper Ortsbeschreibungen oder kurzer Dialoge. Letztere auf Deutsch. So wie die Eingeborenen halt reden. Doch nicht allen Verfassern gelingt das gleich gut.
Kein Problem mit Lokalkolorit hat John le Carré. Der Brite hat in Bern studiert, kennt die Schweiz und die Schweizer. Bei einzelnen amerikanische Autoren dagegen zeigt sich, dass sie weder der lokalen Geografie noch der deutschen Sprache mächtig sind. Was halb so schlimm wäre, würde ein aufmerksamer Lektor das Manko ausbügeln.
Die Einschiebsel der Amerikaner auf Deutsch erinnern mitunter an jene Filme Hollywoods über den 2. Weltkrieg, in denen alle Landser „Hans“ oder „Fritz“ heissen, Pappfiguren, deren Wortschatz sich auf „schnell, schnell!“ oder ein zwischen den Lippen hervorgepresstes „Schweinhund!“ zu beschränken scheint.
Nicht, dass linguistisches Lokalkolorit von Thrillern wesentlich zum Verständnis der Handlung beiträgt: „Sie durfen nicht sagen eine Wort mehr!“ Den geneigten Leser aber, in einem Anfall von verletztem Sprachstolz, irritiert es, seine Sprache von ansonst guten Autoren malträtiert zu sehen. Sprache soll ja mehr sein als lediglich Kulisse oder funktionelle Musik.
A propos FuMu: Die „London Times“ experimentiert derzeit „auf spielerische Weise“ damit, Schreibmaschinengeklapper in den Newsroom zu pumpen. Dabei schwillt das Staccato der Tasten an, je näher der Abschluss rückt. Das akustische Ambiente soll „Times“-Journalisten daran erinnern, dass sie nicht im Grossraumbüro einer Bank oder einer Versicherung arbeiten, sondern an einem Ort, wo das lebendige Herz der Zeitung schlägt.
Das Problem? Die wenigsten Mitarbeiter, meint ein früherer „Times“-Redaktor, wüssten heute noch, wie Schreibmaschinen tönen. Egal. Hauptsache, die Schreiber sind der englischen Sprache mächtig. Und im Idealfall der deutschen.