Nächstes Jahr stehen in der Schweiz zwei Abstimmungen an, die christliche Fundis in arge Bedrängnis bringen: die Ehe für alle und die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm. In beiden Fällen geht es um Homosexualität und darum, was die Bibel angeblich dazu zu sagen hat.
Wenn es um Homosexualität geht, kennen christliche Fundis kein Pardon. Widernatürlich sei sie und von Gott in seinem Schöpferwillen nicht vorgesehen, behaupten sie und stellen sich deshalb sowohl der zivilrechtlichen wie auch der strafrechtlichen Gesetzesänderung entgegen. Im Falle der Homo-Ehe argumentieren sie mit dem Willen Gottes, im Falle eines Diskriminierungsverbots mit der Meinungsfreiheit, die das Zitieren einschlägiger Bibelstellen schützen soll. In beiden Fällen liegen sie falsch.
In der Bibel kommt die Homo-Ehe nicht vor, ganz einfach, weil es sie zur Zeit ihrer Niederschrift noch nicht gab. Die gerne zitierten Äusserungen beziehen sich nicht auf eine dauerhafte Beziehung liebender Paare, sondern lediglich auf gewisse homosexuelle Praktiken sowie auf den Tatbestand der Vergewaltigung. Darüber hinaus sind sie in höchstem Masse gesellschaftlich bedingt und schon deshalb, losgelöst von ihrem historischen Kontext, auf die heutige Diskussion nicht anwendbar. Dies zu wissen, genügen ein paar Semester an einer theologischen Fakultät – oder auch der gesunde Menschenverstand.
Doch eben dies scheinen all jene Pfarrpersonen vergessen zu haben, die sich jetzt, egal ob landeskirchlich oder freikirchlich orientiert, gegen die Ehe für alle und gegen ein Diskriminierungsverbot sexueller Minderheiten zur Wehr setzen. Sie argumentieren weiterhin munter mit der Bibel als wörtlicher Offenbarung Gottes und berufen sich auf eine Meinungsfreiheit, die allem Anschein nach auch vor der Herabsetzung Andersdenkender und Andersfühlender nicht Halt macht.
Ja, manche nehmen gar für sich in Anspruch, den göttlichen Schöpferwillen zu kennen, und glauben, mit diesem Argument aller Diskussion ein Ende setzen zu können. Dass sie nicht erklären können, warum es in eben dieser Schöpfung homo- wie heterosexuell empfindende Menschen gibt, stört sie offensichtlich nicht. Eine Begründung, warum Minderheiten nicht vor Diskriminierung geschützt und liebende Paare ihrer sexuellen Orientierung wegen nicht gesegnet werden sollten, haben sie keine. Aber sie wissen Gott auf ihrer Seite, sie kennen seinen Plan: eine Überheblichkeit, die im günstigsten Fall naiv, im schlimmeren aber blasphemisch zu nennen ist.
Dass sich der Schweizerische Evangelische Kirchenbund dieser Auffassung klar entgegengestellt hat, ist tröstlich. Von katholischer Seite steht ein klares Wort noch aus. Dass es vage ausfällt oder ganz ausleibt, ist zu befürchten.