Israelische Kampfflugzeuge haben in Beirut in der Nacht zum Freitag einen Bunker bombardiert, in dem auch Hashem Safieddine vermutet wurde. Er ist der mutmassliche Nachfolger von Hassan Nasrallah. Nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur Al-Hadath ist Safieddine bei dem Angriff getötet worden. Die Agentur bezieht sich auf nicht genannte israelische Quellen. Von offizieller israelischer Seite wurde der Tod weder bestätigt noch dementiert.
Neben der saudischen Nachrichtenagentur Al-Hadath meldet auch Sky News Arabic den Tod von Safieddine und bezieht sich auf «israelische Quellen». CNN berichtet am Samstag, der Hisbollah habe jeden Kontaktz zu Safieddine verloren.
In dem Bunker im Beiruter Stadtviertel Dahiya sollen sich nach Angaben israelischer Beamter neben Safieddine auch andere hochrangige Hisbollah-Führer aufgehalten haben.
Die israelischen Beamten, die diese Meldung verbreiteten, wollen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben. Sie erklärten, das israelische Militär und der israelische Geheimdienst hätten Informationen erhalten, wonach sich hohe Hisbollah-Führer in dem Bunker in Dahiya versammelt hätten, unter ihnen Safieddine. Dahiya ist eine Hochburg des Hisbollah.
Die Angriffe um Mitternacht lösten riesige Explosionen aus und erschütterten den dicht besiedelten Stadtteil. Die Detonationen waren weit über die Beiruter Stadtgrenzen hinaus zu hören.
Der 1964 geborene Hashem Safieddine ist (oder war) ein Cousin von Hassan Nasrallah, dem langjährigen Hisbollah-Chef, der letzte Woche bei einem israelischen Anschlag getötet wurde. Safieddine ist ein libanesischer schiitischer Geistlicher, der seit 2001 als Vorsitzender des Exekutivrats des Hisbollah fungiert. Safieddine wurde vor der Ermordung Nasrallahs allgemein als «Nummer zwei» der Hisbollah angesehen. Die USA bezeichneten ihn als «Specially Designated Global Terrorist».
Hisbollah-Kommunikationschef getötet
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben am Donnerstagnachmittag bei Angriffen auf den Süden Beiruts den Leiter der Kommunikationsabteilung des Hisbollah, Mohammad Rashid Skaafi, getötet.
«Israel wird die Hamas und den Hisbollah niemals besiegen»
Der iranische Raketenangriff auf Israel am vergangenen Dienstag sei die «geringste Strafe» gewesen, sagte Ajatollah Ali Khamenei am Freitag während einer Rede Teheran. Iran werde Israel erneut angreifen, «wenn es sein muss». Und: «Die brillante Aktion unserer Streitkräfte vor ein paar Nächten war völlig legal und legitim», sagte Khamenei.
Einen grossen Teil seiner Rede widmete der oberste Ajatollah der Hisbollah und Hassan Nasrallah, der am vergangenen Freitag von Israel in Beirut getötet wurde. Er lobte auch den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober und bezeichnete ihn als «legitim».
Der zweite Teil seiner Predigt wurde auf Arabisch gehalten und richtete sich an die libanesische und palästinensische Ziuhörerschaft: «Israel wird die Hamas und den Hisbollah niemals besiegen», sagte Khamenei.
Ali Khamenei betonte in seiner Rede immer wieder die Einheit und fügte hinzu, dass die derzeitige Situation nicht nur eine Herausforderung für Iran oder Libanon darstelle.
Alle islamischen Nationen in der Region seien mit der israelischen Aggression konfrontiert. Deshalb müssten sie sich im Kampf gegen Israel einigen. Der katarische Nachrichtensender Al-Jazeera kommentiert. «Heute sehen viele die heutige Rede (Khameineis) als einen Aufruf zur Versöhnung und Einigkeit. Sie sagen, dass die Länder der Region zusammenkommen müssen, um die grosse Bedrohung zu bewältigen, der sie trotz ihrer Unterschiede alle gegenüberstehen.»
Besuch aus Iran
Am Freitagvormittag traf der iranische Aussenminister zu einem Besuch in Beirut ein.
Warten auf einen israelischen Vergeltungsschlag
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, der Vergeltung für den iranischen Raketenangriff geschworen hat, sagte, sein Land führe «einen harten Krieg gegen die Achse des Bösen». Der israelische Uno-Botschafter erklärte am Mittwochabend in New York, der Vergeltungsschlag werde «bald» erfolgen. Weiteres ist nicht bekannt. Ein von CNN zitierter amerikanischer Beamte sagte, die USA glauben nicht, dass Israel bereits entschieden hat, wie es auf den iranischen Raketenangriff von dieser Woche reagieren wird. Iran hatte am Dienstag fast 200 Raketen auf Ziele in ganz Israel abgefeuert.
Intensivierte Bodenoffensive in Libanon
Beobachter gehen davon aus, dass Israel seine Bodenoffensive in Südlibanon intensivieren wird. Das israelische Militär forderte am Donnerstag die Menschen von mehr als 20 Dörfern und Städten in Südlibanon auf, ihre Häuser sofort zu verlassen und sich nicht in Richtung der israelischen Grenze zu bewegen. In dieser Woche erklärte das Militär, es werde eine fünfte Division von Soldaten in das Grenzgebiet zum Libanon entsendet. Eine Division besteht normalerweise aus 10'000 Soldaten.
Nach Angaben des israelischen Militärs waren am Donnerstag mindestens 200 Raketen aus Libanon auf Israel abgefeuert worden. Berichte über Verletzte liegen nicht vor.
Erneut zwei israelische Soldaten getötet
Eine vom Irak aus abgeschossene Drohne schlug an der israelisch-libanesischen Grenze ein und tötete zwei 19-jährige israelische Soldaten. Ein anderer Soldat und ein Reservist wurden ernsthaft und ein weiterer mittelschwer verwundet. 21 weitere erlitten leichte Verletzungen. Die meldet die israelische Zeitung Haaretz.
Angriffe auf medizinisches Personal
Mehrere Angehörige des medizinischen libanesischen Personals wurden innerhalb von 24 Stunden in Libanon getötet. Dies sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), am Donnerstag in Genf. Er kritisiert, dass während der israelischen Offensive auch Gesundheitseinrichtungen angegriffen werden. In den letzten Tagen seien Dutzende Ärzte, Krankenpflegerinnen und -Pfleger, aber auch Patienten, ums Leben gekommen. 37 Gesundheitseinrichtungen in Südlibanon und in Beirut mussten schliessen. Spitalpersonal und Patienten wurden evakuiert.
«Die Gesundheitsversorgung wird weiterhin angegriffen», sagte er. «Allein in Libanon sind in den letzten 24 Stunden 28 Mitarbeiter des Gesundheitswesens getötet worden.» Viele Mitarbeiter würden sich nicht zum Dienst melden, nachdem sie durch die andauernden israelischen Angriffe vertrieben worden waren, sagte Tedros. Die fast vollständige Lahmlegung des Beiruter Flughafens habe die WHO zudem daran gehindert, dringend nötiges medizinisches Material nach Libanon zu bringen.
Volle Flüchtlingsunterkünfte
Nach Angaben der libanesischen Behörden sind etwa eine Million Menschen auf der Flucht. Das UNHCR, das Uno-Hochkommissariat Flüchtlinge, teilte am Freitag mit, das fast alle der 900 Flüchtlingsunterkünfte voll belegt seien.
Angriffe im Gazastreifen
Israel setzt auch seine Angriffe im Gazastreifen fort. Örtliche Gesundheitsbeamte berichteten am Donnerstagabend, dass in den vergangenen 24 Stunden mindestens 99 Menschen getötet worden seien. Dies ist eine der höchsten Todeszahlen in den letzten drei Monaten.
Israel erklärte am Donnerstag, es habe bei einem bisher nicht bekannt gegebenen Luftangriff vor drei Monaten drei hochrangige Hamas-Funktionäre getötet. Unter ihnen habe sich Rawhi Mushtaha befunden. Er ist einer der engsten Vertrauten des Hamas-Führers Yahya Sinwar. Die Hamas äusserte sich nicht dazu.
Angriffe im Westjordanland
Ein israelisches Kampfflugzeug flog in Tulkarm, im von Israel besetzten Westjordanland, einen Luftangriff. Nach Angaben palästinensischer Gesundheitsbehörden wurden dabei mindestens 18 Menschen getötet. Das israelische Militär erklärte, seine Kampfjets hätten den Angriff am Donnerstag in Abstimmung mit dem israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet durchgeführt. In einer späteren Erklärung erklärte die Armee, sie habe den Leiter der Hamas-Infrastruktur in Tulkarem ins Visier genommen. Ein Beamter des Lagers, Faisal Salama, sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Angriff sei von einem F-16-Kampfflugzeug ausgeführt worden.
Hisbollah-Angriffe auf Haifa und Westgaliläa
In Haifa und Westgaliläa ertönten am frühen Freitag die Sirenen. Die israelische Armee erklärte, dass der Hisbollah kurz nach 07.00 Uhr Ortszeit etwa 20 Raketen und Drohen auf israelisches Gebiet abgeschossen habe. Die meisten Geschosse wurden abgefangen, andere fielen «in offene Bereiche». Die israelische Polizei teilte mit, dass einige Bombensplitter in Kiryat Yam, nördlich von Haifa, geringfügigen Schaden angerichtet haben.
Neue Sanktionen
Gegenüber Journalisten erklärte US-Präsident Joe Biden, dass sich die Staats- und Regierungschefs der G7 in einem Telefonat darauf geeinigt hätten, neue Sanktionen gegen Iran zu verhängen. Er und die anderen G7-Staats- und Regierungschefs aus Grossbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien und Japan seien sich einig gewesen, dass Israel das Recht habe, zu reagieren, dass dies aber «verhältnismäßig» geschehen müsse.
Sprunghafter Anstieg der Ölpreise
In einem offensichtlichen Versuch, die Eskalation und Ausweitung der Konflikte im Nahen Osten einzudämmen, sagte Präsident Biden am Mittwoch, er werde einen Angriff Israels auf die iranischen Atomanlagen nicht unterstützen.
Am Donnerstag stiegen die Ölpreise sprunghaft an, nachdem Biden auf die Frage, ob er einen israelischen Angriff auf iranische Ölfelder gutheissen würde, eine ausweichende Antwort gab.
(Journal 21 mit Associated Press AP, New York Times, CNN, Washington Post, Haaretz, Al-Jazeera)