Noch konnten sich die polnischen Behörden mit zwei Glücksrittern nicht einigen. Es geht um Geld.
Der Pole und der Deutsche verlangen einen Finderlohn. Gefunden haben sie offenbar etwas, wonach man im Süden Polens seit siebzig Jahren sucht: einen Zug in einem verschütteten Stollen.
Mit einer Georadar-Untersuchung haben die beiden vermutlich in einer Höhle zwischen den Städten Walbrzych und Breslau jenen Nazi-Zug geortet, der mit Gold, Edelsteinen und Kunst beladen sein soll. Ob er das wirklich ist, weiss noch niemand.
Gerüchte
In der Gegend von Walbrzych, dem früheren deutschen Waldenburg, hatten die Nazis unter dem Codename „Riese“ zahlreiche unterirdische Stollen gegraben. Dort wollten sie, geschützt vor Luftangriffen, Waffen produzieren.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kursieren Gerüchte, wonach ein gepanzerter Nazi-Zug bei Walbrzych plötzlich verschwunden sei.
Belege dafür, dass sich Kostbarkeiten an Bord befinden, gibt es nicht. Immer wieder versuchten Hobby-Forscher, den Zug zu finden. Auch die polnische Armee hatte während der Zeit des Kommunismus nach dem Schatz gesucht.
Zehn Prozent Finderlohn
Ein Deutscher und ein Pole hatten jetzt offenbar Glück. Sie wollen ihre Entdeckung zu Geld machen und haben einen Anwalt beauftragt. Dieser, Jaroslaw Chmielewski, verhandelt mit den Amtsstellen. Noch kennt nur der Anwalt die beiden. Vor der Öffentlichkeit und den polnischen Behörden halten der Pole und der Deutsche ihre Identität geheim.
Die beiden verlangen einen Finderlohn: Zehn Prozent des Wertes der im Zug gelagerten Schätze. Nur wenn der Staat Polen ihnen das schriftlich zusichere, würden sie den Standort des Zuges verraten.
Georadar
Die polnischen Behörden reagierten zunächst zurückhaltend. Doch dann legten die beiden über ihren Anwalt ein Georadarbild vor. Mit Georadar-Untersuchungen können Hohlräume und Gegenstände unter der Erde geortet werden.
Dieses Bild ist inzwischen von polnischen Spezialisten untersucht worden, offenbar mit Erfolg. Piotr Zuchowski, der stellvertretende polnische Kulturminister, sagte am Donnerstag, er sei „zu mehr als 99 Prozent sicher“, dass ein gepanzerter Zug in einem verschütteten Stollen gefunden worden sei.
Wie gelangt ein Zug in einen Stollen?
Im Bild eine stillgelegte Bahnstrecke bei Walbrzych. Sofort ergriffen die polnischen Behörden Sicherheitsmassnahmen. Im Gebiet, wo der verschüttete Zug vermutet wird, patroullieren Sicherheitskräfte. Sie warnen die Leute davor, auf eigene Faust den Zug zu suchen. Sie weisen darauf hin, dass der Stollen und der Zug vermint sein könnten.
Noch sind viele Fragen offen: Wie gelangt ein Zug in einen Stollen? Wieso ist niemand früher auf die Idee gekommen, mit Georadaruntersuchungen nach dem Zug zu forschen? Handelt es sich wirklich um einen Zug oder vielleicht nur um einen Eisenbahnwagen oder einige Container?
Die Spekulationen kennen keine Grenzen. Vielleicht hat der Deutsche, so wird phantasiert, auf dem Estrich ein Tagebuch seines Grossvaters entdeckt, in dem der Nazi den Standort des Zugs beschreibt.
Ist alles nur Schrott?
Und vor allem: Wieso glaubt man, dass der Zug Kostbarkeiten enthält? Vielleicht findet man in dem Stollen nur Schrott.
Sollte im Zug aber wirklich ein Schatz versteckt sein, so ist noch unklar, ob die beiden mutmasslichen Entdecker tatsächlich einen Finderlohn erhalten. Am Schluss wird wohl das polnische Finanzministerium entscheiden müssen. Zygmunt Nowaczyk, der Vizebürgermeister von Walbrzych erklärte, der Schatz, - sollte es sich denn um einen handeln – „gehört dem polnischen Staat“.
(J21)