Der Bundesrat wird nun demnächst über die Anerkennung und seine Haltung zur Aufnahme des Staates in die UNO befinden müssen.
Folgt der Bundesrat der bisherigen Linie der Schweiz, müsste er zweimal Ja sagen, entspräche dies doch der bisherigen aussenpolitischen Linie, wie sie die Schweiz bestimmt seit den neunziger Jahren im fraglichen Konflikt verfolgt.
Der Antrag der PLO an die UNO verlangt die Anerkennung eines palästinensischen Staates in den Grenzen vor Juni 1967, mithin der Waffenstillstandslinie, die vor dem Juni-Krieg seit 1949 galt. Damit beruht der palästinensische Staat auf den Grenzen der UNO-Resolutionen 242 und 338, welche den Rückzug Israels aus den jenseits dieser Linie besetzten Gebiete verlangen. Der Staat umfasst demnach die Westbank, den Gazastreifen sowie Ostjerusalem als Hauptstadt.
Die Schweiz hat auch nach dem Juni Krieg 1967 Israel nur in den alten Grenzen anerkannt und entsprechend auch die beiden UNO-Resolutionen unterstützt.
Folgerichtig hat die Schweiz zudem auch deshalb den Bau der Mauer stark kritisiert, weil sie nicht dieser Grenzlinie folgt, sondern in weiten Teilen innerhalb palästinensischen Gebietes verläuft. Ebenso hat sich die Schweiz seit längerer Zeit für einen eigenen unabhängigen palästinensischen Staat ausgesprochen.
Auch Israel spricht zwar davon, für eine Zweistaatenlösung einzutreten. Dabei wird vor allem auf die demographische Notwendigkeit verwiesen. Handkehrum weigert sich aber Israel standhaft, die völkerrechtliche Grenze als eigene Staatsgrenze anzuerkennen.
Natürlich hat das wesentlich mit dem forcierten fraglos illegalen Siedlungsbau zu tun, der längst zum internationalen Skandal geworden ist und den inzwischen sogar die USA nicht mehr akzeptieren – allerdings ohne Konsequenzen.
In der Westbank und vor allem im Gürtel um Ostjerusalem schafft Israel weiterhin ungestört täglich neue faits accomplis, die nicht nur das Leben der palästinensischen Bevölkerung massiv behindern, sondern auch den Friedensprozess torpedieren.
Dass die Palästinenser zum jetzigen Zeitpunkt des Stillstands in den Friedensverhandlungen den Antrag auf Aufnahme als unabhängigen Staat in die UNO stellen, hat seinen guten Grund. Wird der palästinensische Staat durch die UNO nämlich anerkannt, stehen die Grenzen sowohl Israels als auch Palästinas fest.
Auch wenn die Anerkennungsgegner das Gegenteil monieren: damit verbessern sich die Voraussetzungen für Verhandlungen schlagartig, weil das Staatsgebiet grundsätzlich nicht mehr in Frage steht. Gleichzeitig hat ja die PLO signalisiert, durchaus über Verhandlungen bezüglich Gebietsaustausch bereit zu sein. Nur ist es etwas anderes, sie vor dem Hintergrund zu führen, dass klar ist, wer über welches Gebiet dabei verfügt.
Mit der Anerkennung erhält der palästinensische Staat aber auch die Möglichkeit, sich direkt an den Sicherheitsrat zu wenden, um das Ende der Besatzung durchzusetzen. Ebenso wächst der Druck auf Israel, den Siedlungsbau endgültig zu stoppen. Es ist offensichtlich, dass all dies von den Anerkennungsgegnern als unerwünscht erscheint.
Die vorgebrachten Argumente, es brauche keine weiteren Kleinstaaten oder die Staatsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, bilden demgegenüber ein reines Ablenkungsmanöver.
Ohnehin ist es an der UNO, die Staatsvoraussetzungen für einen Staat, der aufgenommen werden soll, zu definieren. Ich wüsste nicht, welche der drei klassischen Bedingungen, Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsmacht Palästina nicht erfüllte.
Geradezu absurd ist, wenn ihm von Israel letzteres abgesprochen wird, das es gerade an deren vollständigen Ausübung hindert. Seit Oslo verfügt Palästina aber auch über Institutionen, die im Hinblick auf eine Staatsgründung geschaffen wurden. Nur nebenbei sei erwähnt, dass über schlechte Karte verfügt, wer den Kosovo anerkennt und das gleich Palästina gegenüber mangels Erfüllung der Staatsvoraussetzungen ablehnt.
Persönlich bin ich immer noch zuversichtlich, der Bundesrat lasse sich nicht beirren und folge seiner bisherigen Aussenpolitik. Mit der Anerkennung verhilft er einem völkerrechtlichen Anspruch Palästinas zum Durchbruch. Gleichzeitig könnte die Schweiz damit wesentlich dazu beitragen, die Chancen für die Fortsetzung des Friedensprozesses zu verbessern.
Daniel Vischer