Man wird in Italien die jüngste Zeit neu einteilen: In die Zeit „vor“ Umbrien und in die Zeit „nach“ Umbrien. Vor den Wahlen in Umbrien am 27. Oktober bestand Hoffnung, dass Italien den Rechtspopulismus zumindest vorläufig überwunden hat. Doch dann, am 27. Oktober, wurde diese Hoffnung jäh zerstört. Vieles deutet darauf hin, dass Lega-Chef Matteo Salvini bald an die Macht zurückkehrt.
Salvinis Lega und die mit ihm verwandten postfaschistischen Fratelli d’Italia hatten im einst „roten“ Umbrien einen spektakulären Sieg errungen und die Linke nach 50 Jahren von der Macht verdrängt. Damit hatte die in Rom amtierende Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte ihren ersten Testlauf klar verloren.
Jetzt zittern die beiden Römer Regierungsparteien, die Sozialdemokraten und die Fünf Sterne, vor den Wahlen in der ebenfalls „roten“ Emilia Romagna mit ihrer Hauptstadt Bologna. Wenn dort in zweieinhalb Monaten die Lega wieder spektakulär gewinnt und wenn die Regierungsparteien wieder spektakulär verlieren, dürfte es um die Regierung Conte geschehen sein.
Vieles deutet darauf hin, dass es geschehen wird. In einer an diesem Montag veröffentlichen Meinungsumfrage *) haben die in Rom regierenden Sozialdemokraten innerhalb eines Monats 5 Prozent an Zustimmung verloren. Die mitregierenden Fünf Sterne büssten 3,2 Prozent ein. Die Lega und die Fratelli legen stark zu.
Um den Niedergang zu stoppen, müssten die Regierungsparteien sich jetzt endlich zusammenraufen, Kompromisse eingehen und positive Ergebnisse liefern. Doch was tun sie? Sie streiten sich über dies und das, über Wichtiges und Unwichtiges: über eine Plastik-Steuer, über Kruzifixe in den Schulstuben, über die Haushaltpolitik. Doch nicht nur untereinander, auch innerhalb sind die Regierungsparteien zerstritten. Auf der linken Seite probt der frühere Ministerpräsident Matteo Salvini den Alleingang. Und die Mehrheit der Fünf Sterne wollte eigentlich nie mit den Sozialdemokraten zusammen regieren. Wie soll man da eine schlagkräftige gemeinsame Politik betreiben?
Dazu kommt, dass in Umbrien vor allem die Fünf Sterne und ihr „politischer Führer“ Luigi Di Maio abgestraft wurden. Di Maio, seines Zeichens Aussenminister, macht eine wenig überzeugende bis lächerliche Figur. Er muss sich dringend neu profilieren. Das kann er nur, indem er ausschert und eigene, teils abstruse Ideen einbringt und dem Regierungspartner in den Rücken fällt. Auch das belastet die Regierungsarbeit und lässt wenig Gutes für die Wahlen am 26. Januar in der Emilia Romagna ahnen.
Staatspräsident Sergio Mattarella ist sich der Gefahr einer Rückkehr der Lega bewusst. „Wenn die Regierung fällt“, sagte er kürzlich, „gibt es Neuwahlen.“ Also keine Übergangsregierung mit Technokraten. Die Botschaft ist klar: Wenn ihr Regierungsparteien euch nicht endlich zusammenrauft, gelangt Salvini zurück an die Macht – diesmal mit wehenden Fahnen.
*) Istituto Antonio Noto, Umfrage publiziert am 4. November in der Bologneser Zeitung „Il Resto del Carlino“