Sport und Politik waren noch nie zu trennen – gegenteiligen Beschwörungen von Funktionären zum Trotz. Erinnert sei nur an die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, welche die Nazis als Schaufenster für ihre faschistische Ideologie missbrauchten. Oder an die beiden US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos, die 1968 bei den Spielen in Mexico City ihre behandschuhten Fäuste zum „Black Power“-Salut in die Höhe reckten – ein Gruss, dessen Abbild um die Welt ging.
Inzwischen ist es Mode geworden, dass Sportler ihre Überzeugung öffentlich ausdrücken – sei es mit provokanten Gesten anlässlich eines Fussball-Länderspiels oder mit prägnanten Slogans auf Unterhemden, die nach einem Goal stolz hergezeigt werden. Wie es vor Kurzem der Schweizer Nationalspieler Haris Seferovic tat, der nach seinem Tor zum 2:0 Endstand im Spiel seiner Eintracht Frankfurt gegen Borussia Dortmund unter dem Trikot ein selbst beschriebenes T-Shirt mit der Aufschrift „Tugce – Zivilcourage, Engel, Mut, Respekt“ trug. Seferovic erinnerte so an jene mutige Studentin türkischer Herkunft, die Mitte November vor einem McDonald‘s in der Nähe von Frankfurt von einem 18-Jährigen niedergeschlagen und später im Spital gestorben war.
Sportverbänden gefallen Meinungsäusserungen dieser Art gar nicht – sie könnten am Ende ja die Sponsoren irritieren. Der Deutsche Fussballbund (DFB) jedenfalls will Botschaften wie jene von Haris Seferovic nicht mehr tolerieren und stellt Strafen in Aussicht für Spieler, die sich nicht an das Verbot halten. Zumindest vorläufig ist Amerikas Basketball-Liga (NBA) in dieser Hinsicht noch toleranter.
Der amerikanische Basketball-Verband NBA verzichtet darauf, Spieler zu bestrafen, die jüngst beim Aufwärmen T-Shirts mit der Aufschrift „I Can’t Breathe“ getragen haben. Der Satz erinnert an Eric Garner, jenen unbewaffneten Schwarzen, der im Juli im New Yorker Stadtteil Staten Island im Würgegriff eines lokalen Polizisten erstickt war. Garners letzten Worte: „Ich kriege keine Luft“. Ein Geschworenengremium sah jedoch davon ab, den fraglichen Polizisten anzuklagen.
Lediglich zehn Tage davor hatte ein anderes Gremium in Ferguson (Missouri) es unterlassen, einen weissen Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen, der einen unbewaffneten jungen Schwarzen angeblich aus Notwehr erschossen hatte. Der Freispruch verleitete Football-Spieler der St. Louis Rams und der Washington Redskins dazu, bei ihrer Begegnung mit erhobenen Armen ins Stadion einzulaufen.
Die Geste signalisierte: „Hands Up, Don’t Shoot“. Auch in diesem Fall verzichtete die zuständige Liga (NFL) darauf, involvierte Spieler dafür zu bestrafen, ihre persönliche Meinung so plakativ geäussert und als Sportler auf Amerikas drängende soziale Probleme aufmerksam gemacht zu haben. Zur Abwechslung mit Mitteln, deren Beherrschung die Öffentlichkeit Sportlern oft nicht zutraut: mit klaren Worten und unzweideutigen Gesten.