Wie so vieles ist auch der US-Präsidentschaftswahlkampf eine Frage der Perspektive. Hat er bereits begonnen, oder steht der Start noch bevor? Egal. Obwohl die Kür des nächsten Amtsinhabers im Weissen Haus erst im November 2016 erfolgt, läuft die Wahl auch diesmal nach einem eingespielten Ritual ab. Ein Prozess, der im Übrigen mehr einem Schattenboxen als einer politischen Auseinandersetzung gleicht.
Auch steht schon heute fest, dass der kommende Wahlkampf noch teurer werden wird als der letzte. Barack Obamas Wiederwahl 2012 hat 1,2 Milliarden Dollar gekostet. Die Ausgaben für einen allfälligen Erfolg Hillary Clintons beziffert «Time» auf 1,7 Milliarden. Entsprechend kostspieliger werden auch die Wahlkämpfe für die Abgeordneten und Senatoren im Kongress. Die dafür später im politischen Alltag ihren Geldgebern umso stärker verpflichtet sind.
All dies beklagen Amerikas nationale Medien mit schöner Regelmässigkeit, um sich dann mit noch grösserer Verve in die Berichterstattung des sogenannten «horserace» zu stürzen – das Wahlrennen als Fundgrube für Datenjournalisten. Denn bereits im August geht in Ames die «Iowa Straw Poll» über die Bühne, eine informelle Abstimmung unter den Teilnehmern eines Spendendinners, bei dem sich die Kandidaten der Republikaner dem Stimmvolk zu präsentieren pflegen.
Auf republikanischer wie auf demokratischer Seite dürfte der Wahlkampf 2016 unter dem Motto «Vorwärts in die Vergangenheit!» stehen (womit auch dieser Beitrag der Versuchung einer Prognose erliegt). Während bei den Demokraten Hillary Clinton gesetzt scheint, falls sie kandidiert, drängeln sich bei den Republikanern etliche Hoffnungsträger, unter ihnen als bekannteste Jeb Bush, der Ex-Gouverneur von Florida, und Mitt Romney, Barack Obamas Herausforderer vor zwei Jahren.
Welcher republikanische Kandidat auch immer am Ende die Nase vorn hat: der Betreffende wird eine knifflige Aufgabe zu bewältigen haben. Er wird sich dem rechten Flügel der Partei, der Tea Party, annähern müssen, ohne dabei unabhängige Wählerinnen und Wähler in der Mitte allzu stark zu vergraulen. Umgekehrt bräuchte Hillary Clinton den linken Flügel der Demokraten zu überzeugen, ohne das Zentrum allzu heftig zu irritieren. Sowohl rechte Republikaner wie linke Demokraten üben vor allem in den Vorwahlen überproportional starken Einfluss aus.
Am Ende, heisst es, würden die Amerikaner stets den besseren Kandidaten, d.h. das kleinere von zwei Übeln ins Weisse Haus wählen. Bis zum alles entscheidenden Urnengang bleiben noch 21 Monate. Und gleich danach gilt erneut: Nach der Wahl ist vor der Wahl.