Vor 100 Jahren, am 2. August 1924, wurde James Baldwin in Harlem, New York, geboren. Seine literarischen Werke umkreisten die Themen Rassismus und Homosexualität. In unüberbietbarer Schärfe und Klarheit hat er gezeigt, wie stark die amerikanische Kultur und der Lebensstil bis heute auf rassistischen Klischees beruhen.
James Baldwin wuchs in einem Ghetto in Harlem auf, und seine Familienverhältnisse waren prekär. In jungen Jahren trat er in einer Pfingstgemeinde als Prediger hervor, wandte sich aber Anfang der 1940er Jahre von den Ghettokirchen ab. Er sah in ihnen nur eine Maske für «den Hass, Selbsthass und die Verzweiflung».
Nach dem Ende seiner Schulausbildung schlug James Baldwin den Weg als Schriftsteller ein. Anfängliche Erfolge ermutigten ihn, dann aber kamen Misserfolge und vor allem der Bruch mit seinem geistigen Ziehvater Richard Wright. Dieser Bruch hinderte ihn aber nicht daran, 1948 dessen Spuren nach Paris zu folgen. Anders als Wright allerdings, der den Weg in die Kreise der Existenzialisten um Sartre fand, lebte Baldwin abseits in bitterster Armut unter Afro-Franzosen, Arbeitslosen und Clochards.
1953 gelang ihm mit seinem Erstlingsroman «Go tell it on the mountain» der erste literarische Erfolg, dem bald darauf mit «Giovanni’s Room» der Durchbruch folgte. Von seinen literarischen Vorgängern setzte sich Baldwin insofern scharf ab, als er seine Romane ausdrücklich nicht als Protestliteratur gesehen haben wollte.
Zeitweilig kehrte Baldwin wieder in die USA zurück. Nach den tödlichen Anschlägen auf Malcolm X am 21. Februar 1965 und auf Martin Luther King am 4. April 1968 sah er sich genötigt, wieder zurück nach Frankreich zu gehen. Dieser Entschluss dürfte auch durch eine Enttäuschung mit Hollywood bestärkt worden sein. Dort wurde sein Drehbuch für einen Film über Malcom X abgelehnt. Dies zeigte ihm, dass ein kultureller Dialog «nicht mehr möglich und der amerikanische Traum ausgeträumt ist».
Im Jahr 2017 erschien ein Dokumentarfilm über James Baldwin unter dem Titel «I Am Not Your Negro». Dieser Dokumentarfilm von Raoul Peck beruht auf einem unvollendeten Manuskript Baldwins: «Remember This House». Für den heutigen Zuschauer ist daran frappierend, mit welcher Genauigkeit James Baldwin rassistische Klischees im amerikanischen Film, in der Werbung bis hin zum «American Way of Life» aufspürt. Rassismus bezieht sich bei ihm nicht nur auf die verschleppten afrikanischen Sklaven, sondern auch auf die sogenannten Indianer, die unendlich viel Stoff für die Western boten. «Helden» wie John Wayne konnten nur vor dieser Folie so hell erstrahlen. Aber auch die Ideale des Häuschens mit fein säuberlich eingezäuntem Garten, einer absolut funktionalen Küche einschliesslich einer tadellosen Hausfrau beruhen auf einer Kultur, die die eigene Gewaltgeschichte verdrängt und im Kitsch endet.
James Baldwin starb am 1. Dezember 1987 im Alter von 63 Jahren in Saint-Paul-de-Vence. Das Foto entstand im Februar 1985.
(Journal 21)