Erteilen wir zuerst der Vernunft und der Logik das Wort. Man ist ein Nestbeschmutzer, wenn man ein vorher sauberes Nest beschmutzt. Man kann nur etwas verraten, was vorher geheim war. Man ist nur ein Verräter, wenn man gegen ein Geheimhaltungsgebot verstossen hat. Wer Ehre und Anstand im Leib hat, lässt sich die Diffamierung «Verräter» nicht gefallen.
Wer sagt, dass es «üblich» war, dass Schweizer Banken US-Steuerpflichtigen bei Verstössen gegen US-Recht geholfen haben, ist weder ein Verräter noch ein Nestbeschmutzer. Sondern hat einfach die Wahrheit gesagt.
Panoptikum von Dummschwätzern
Nach der populistischen Hetze des Wendehalses aus dem Wallis, des CVP-Präsidenten Christophe Darbellay, versucht politische C-Prominenz verzweifelt, sich einen Platz in der medialen Aufmerksamkeit zu erkämpfen, indem sie ihre Solidarität mit der rechtswidrigen Anschuldigung zum Ausdruck bringen, zwei Wegelin-Teilhaber hätten den Schweizer Bankenplatz verraten und sein Nest beschmutzt. Greifen wir aus diesem Panoptikum drei besonders unappetitliche Exemplare heraus.
-1. BDP-Präsident Landolt
Martin Landolt verdient sein Geld als Berater der UBS. Der Bank, die eingestandenermassen Kunden und Mitarbeiter verraten hat, sich dafür weinerlich entschuldigte, zu Kreuze kroch und eine Busse von 780 Millionen Dollar zahlte. Und nebenbei noch das Bankgeheimnis schleifte und eine Krise des Schweizer Rechtsstaats auslöste. In «Der Sonntag» sagt er nun mutig: «Die von Darbellay geäusserte Kritik war absolut berechtigt.» Dem Präsidenten des Widmer-Schlumpf-Wahlvereins hat es wohl ins Gehirn geschifft.
-2. FDP-Frau Doris Fiala
Die glücklose Nationalrätin ergreift sonst, beispielsweise im Dienst der Aidshilfe Schweiz, nur bezahlt das Wort und lässt sich selbst Interviews in «Tele Züri» entgelten. Die PR-Beraterin findet folgende geschmackvolle Worte: «Wer jahrelang immer wieder an eine Wand pinkelt und dann feststellen muss, dass er selber zur Wand wurde, befindet sich in einer äusserst unangenehmen Lage.» Das PR-Genie Fiala sagt also, dass sie und ihre Kollegen die beiden Wegelin-Teilhaber anpinkeln. Das ist zwar wahr, aber wohl nicht ganz ihre Absicht. Wer diese kommunikative Fachfrau anstellt, braucht sich um ein anschliessendes PR-Desaster keine Sorgen mehr zu machen.
-3. SP-Präsident Levrat
Mitleiderregend ist der Versuch des SP-Ständerats Christian Levrat, sich durch seine dummdreiste Wiederholung des Vorwurfs «Verräter» auch eine Zivilklage einzuhandeln. Er legt sogar noch nach und verlangt, dass sich «Hummler beim Schweizer Volk entschuldigen soll». Man ist gespannt, wann er das Gleiche von den SP-Mitgliedern Jean Ziegler, Helmut Hubacher oder Susanne Leutenegger-Oberholzer verlangt, die ja alle auch, bislang mit breiter Zustimmung der SP, noch viel schlimmere Dinge über das Bankgeheimnis und den Finanzplatz Schweiz gesagt haben. Wenn die SP noch etwas Ehre im Leib hat, müsste sie sich sofort von diesem Dampfplauderer aus Vuadens distanzieren und von ihm eine Entschuldigung an alle aufrechten Genossen verlangen, die die Benutzung des Bankgeheimnisses als Bollwerk gegen Steuerhinterziehung schon seit vielen Jahren denunziert haben. Gleichzeitig muss der dümmliche Parteislogan «Ja» sofort in «Nein zu Ja», bzw. «Ja zu Nein» abgeändert werden.
Ein Bärendienst
Alle Politiker, die aus billigen Gründen die Lufthoheit über den Stammtischen erobern wollen und sich ins Rampenlicht schieben, indem sie eine dummdreiste Lüge unterstützen, begehen einen fürchterlichen Denkfehler. Sie erwecken damit im In- und Ausland den fatalen Eindruck, dass die Schweizer Parteien weiterhin keine Vergangenheitsbewältigung betreiben wollen. Noch dümmer ist, dass sie gleichzeitig von einer «Weissgeldstrategie» schwafeln.
Wir haben mit Vernunft und Logik begonnen, enden wir auch damit. Wer ist also in Wirklichkeit ein Verräter und Nestbeschmutzer? Derjenige, der eine offenkundige Wahrheit ausspricht – oder derjenige, der den Boten übel beschimpft und am liebsten köpfen möchte?