«UBS beschleunigt ihre Strategieumsetzung aus einer Position der Stärke», lautet der Titel der offiziellen Ankündigung. Gemeint ist: Die Bank macht auch 2012 insgesamt wohl mehr als eine Milliarde Verlust. Schmeisst rund 10 000 Mitarbeiter raus. Macht dadurch alleine im dritten Quartal über 2 Milliarden Miese. Will sich bis 2015 von der Zockerabteilung des Investmentbanking trennen, wobei niemand weiss, welche Leichen da noch im Keller liegen. Das ist der Unterschied zwischen Worthülsen und der Realität. Wer sind aber die Männer hinter den Worten?
Der gescheiterte VR-Präsident
Der Deutsche Axel Weber wurde im Mai 2012 zum neuen VR-Präsidenten der UBS gewählt, als Nachfolger des gescheiterten Kaspar Villiger. Weber war bis 2011 Präsident der weitgehend machtlosen Deutschen Bundesbank. Er scheiterte beim Versuch, der Nachfolger von Trichet als Chef der Europäischen Zentralbank zu werden. Auch die Deutsche Bank, bei der er als Vorsitzender des Aufsichtsrats im Gespräch war, winkte ab. Ohne erkennbares Auswahlverfahren wurde Weber dann mit einem «golden handshake», einem Einstandsgeschenk von 4 Millionen Franken, bei der UBS willkommen geheissen. Dazu verdient er satte 2 Millionen im Jahr. Um als VR-Präsident die strategische Neuausrichtung der Bank zu dirigieren. Kann er das?
Ein Mann, ein Wort
Für strategische Aufgaben braucht es Analysefähigkeiten, die Eigenschaft, zukünftige Entwicklungen antizipieren zu können. In seiner damaligen Funktion als Präsident der Deutschen Bundesbank machte sich Weber im Jahre 2007, angesichts der schon überdeutlich erkennbar heraufziehenden Finanzkrise, mit dieser Aussage unsterblich lächerlich: «Befürchtungen bezüglich einer Bankenkrise in Deutschland entbehren jeder Grundlage.»
Zudem lobte er das «überschaubare und begrenzte» Engagement deutscher Banken im US-Immobilienmarkt. Ein nicht nur deutsches Multimilliardendesaster und eine weltweite Finanzkrise später kann man sagen: war wohl nichts.
Der gescheiterte CEO
Sergio Ermotti machte wichtige Karriereschritte in der US-Investmentbank Merill Lynch, wo er es bis zum «Head of Global Equity Derivatives» brachte, also verantwortlich war für Derivatezockereien in virtuellen Spielcasinos. Anschliessend wechselte er zur Bank Unicredit, wo er es bis zum Vizeboss schaffte. Nachdem sein Versuch scheiterte, den Chefposten zu erklimmen, wechselte er im April 2011 zur UBS. Unicredit vermeldete fürs dritte Quartal 2011 übrigens einen Verlust von knapp 11 Milliarden Euro. Und die UBS musste einen Wettschaden von über 2 Milliarden Franken bekanntgeben, was zum abrupten Abgang von CEO Oswald Grübel führte. So wurde Ermotti, nach nur sechs Monaten bei der Bank, doch noch CEO. Halt nicht bei der Unicredit, sondern bei der UBS.
Der gleiche Mann, der heute zusammen mit seinem Antrittsgeschenk-VR-Präsidenten Sparmassnahmen und schmerzliche Einschnitte verkündet, verdiente alleine in seinen ersten neun Monaten bei der UBS bis Ende 2011 satte 6,5 Millionen Franken. Offensichtlich zwei Führungspersönlichkeiten, die wissen, wie sehr das persönliche Beispiel heutzutage im modernen Banking zählt. Wahrscheinlich beruhigen sich die beiden Vorbilder mit dem Gedanken, dass andere bei der UBS noch viel mehr verdienten. Und Weber erinnert sich sicherlich an die deutsche Abwrackprämie, während er die UBS runterschnitzt. Runterschnitzen lässt, denn diese Aufgabe wurde einem anderen übertragen.
Der Abwracker
Im wilden Karussell, das die oberste Führungsetage der UBS seit Jahren darstellt, wo sich alleine in den letzten fünf Jahren gleich viele CEOs die Klinke zum Chefbüro in die Hand gaben, fegt es auch immer wieder ein Mitglied der Geschäftsleitung aus dem Sattel. Diesmal hat es Karsten Kengeter erwischt. Der Chef des Investmentbanking verdiente noch 2010 über 9 Millionen Franken. Er überlebte sogar das Milliardendesaster von London und den Abgang von Grübel. Aber nicht die Installation neuer Seilschaften durch Ermotti. Abgang aus der GL, neue Aufgabe gefasst: Sterbebegleiter im Investmentbanking.
Abgehalftert, degradiert, erniedrigt. So würde man den Absturz Kengeters in der realen Welt beschreiben. In der Dummsprechwelt des modernen Banking heisst das aber, Kengeter sei zukünftig «zuständig für das Management der nicht weitergeführten Geschäfte und Positionen der Investment Bank». Also zuständig für das Rausschmeissen, Lichterlöschen und das Festklopfen der Erde über nicht entdeckten Leichen. Werden wir da bald lesen dürfen, dass sich Kengeter entschieden habe, sich «ausserhalb der Bank neu zu orientieren»?
Männer, Worte, Vertrauen?
Niemand weiss, ob der UBS so der Turnaround gelingt. Aber die entscheidende Frage ist: Kann man in diese beiden Führungspersönlichkeiten Vertrauen haben? Bieten sie, bei der Vergangenheit, bei diesem vielfachen Scheitern, bei dieser, nun, Einkommensaffinität, wirklich Anlass zur Hoffnung? Zur Hoffnung, dass sie nicht nur gut beim Optimieren der eigenen Karriere und ihrer Gehaltschecks sind? Im Herbst kommen, zum Ärger der Nachbarn, gerne lautstarke Laubbläser zum Einsatz. Bei der UBS übernimmt, zum Ärger der Angestellten, das Duo Ermotti/Weber die Aufgabe des Windmachens.